Beweise aus geheimen Überwachungsmassnahmen

In einem der wenigen im neuen Jahr bisher publizierten Entscheide geht es um zahlreiche Probleme, die sich bei geheimen Überwachungsmassnahmen immer wieder stellen: Umfang der Dokumentationspflicht, Akteneinsicht in Überwachungsergebnisse gegen Dritte, Genehmigung für künftige Zufallsfunde (!), Übersetzung (Weisungen an Übersetzer / Anonymität), etc. (BGer 7B_792/2023 vom 16.12.2023, Fünferbesetzung).

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde zwar in mehreren Punkten gut, erklärt sie aber in anderen Punkten für aussichtslos, womit es dem Beschwerdeführer Gerichtskosten auferlegen kann und das Honorar seines Rechtsbeistands um 1/3 kürzen kann. Die Begründung ist wenig überzeugend, auch wenn sie auf die Rechtsprechung des EGMR verweist (Matanovic c. Kroatien, Nr. 2742/12 vom 04.07.2017, § 161 und 170).

Der Entscheid (und EGMR Matanovic) zeigt, dass es gar nicht möglich ist, sich in solchen Verfahren wirksam zu verteidigen, solange man beispielsweise nicht Zugang zu sämtlichen Überwachungsergebnissen hat, die u.U auch in getrennt geführten Verfahren erhoben wurden. Wie will man sein Akteneinsichtsrecht begründen, wenn man nicht einmal weiss, welche Vorgänge im Einzelnen überwacht wurden? Die Strafbehörden sondern Ergebnisse aus, die aus ihrer Sicht irrelevant sind, und verlangen vom Betroffenen, dass er sein Akteneinsichtsrecht substantiiert.

Hauptproblem der Verteidigung ist in solchen Fällen aber meistens bereits die Flut an Daten, die bei solchen Überwachungen anfällt. Wer das sorgfältig analysieren will, wozu er als Anwalt gesetzlich verpflichtet ist, kann das nur pro bono, weil kein Gericht in der Schweiz den effektiven Aufwand entschädigen würde.