BGE zum Strafe für Nötigung zu einer beischlafsähnlichen Handlung

Das Bundesgericht kassiert in einem zur Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehenen Entscheid ein Urteil des Kantonsgerichts Freiburg wegen bundesrechtswidrig tiefer Strafzumessung (Urteil 6S.253/2006 vom 30.08.2006).

Die Vorinstanz hatte den Beschwerdegegner zu einer bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von drei Monaten wegen sexueller Nötigung (Art. 189 Abs. 1 StGB) und Pornographie (Art. 197 Ziff. 3 und Ziff. 3bis StGB).

Das Bundesgericht setzte sich mit der Frage der doch sehr unterschiedlichen Mindeststrafen von Art. 189 Abs. 1 StGB (drei Tage Gefängnis für beischlafsähnliche Handlungen) und Art. 190 Abs. 1 StGB (ein Jahr Zuchthaus für Beischlaf). Daraus hat ein Teil der Lehre gefolgert,

die in Art. 190 Abs. 1 StGB (für die Vergewaltigung) angedrohte Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus müsse auch in allen Fällen der sexuellen Nötigung zum Zuge kommen, bei welchen das abgenötigte Verhalten in seiner Intensität dem Beischlaf gleichkomme und daher eine beischlafsähnliche Handlung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB darstelle (E. 1.2).

Dem folgte das Bundesgericht indessen nicht, jedenfalls nicht im Grundsatz:

Weder die systematische noch die teleologische Auslegung des Gesetzes führen zwingend zum Ergebnis, dass die in Art. 189 Abs. 1 StGB alternativ angedrohte Gefängnisstrafe abweichend vom Wortlaut der Bestimmung nur für die Nötigung zur Duldung einer anderen sexuellen Handlung und nicht auch für die Nötigung zur Duldung einer beischlafsähnlichen Handlung in Betracht fällt. Gegen eine solche Auffassung spricht im Übrigen auch, dass der Begriff der “beischlafsähnlichen Handlung” – im Unterschied zum Begriff des “Beischlafs” – mit Unsicherheiten behaftet und mit Auslegungsschwierigkeiten verbunden ist (E. 2.3).

Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Staatsanwaltschaft aber dennoch gutgeheissen, indem es dafür hielt, die Strafe für die Nötigung einer beischlafsähnlichen Handlungen dürfe im konkreten Fall nicht wesentlich unter der Mindeststrafe für eine Vergewaltigung liegen:

Die Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus im Falle einer Vergewaltigung hätte einzig aufgrund und nach Massgabe der dem Beschwerdegegner zugebilligten leichten Verminderung der Zurechnungsfähigkeit geringfügig unterschritten werden dürfen. Die Strafe für die dem Beschwerdegegner zur Last gelegte Erzwingung des Oralverkehrs darf nicht wesentlich niedriger sein. Die Umstände, welche die kantonalen Instanzen – von der Beschwerdeführerin unangefochten – strafmindernd berücksichtigt haben, dürfen mithin nicht zum Anlass für die Ausfällung einer Freiheitsstrafe genommen werden, die wesentlich unter einem Jahr liegt. Die von der Vorinstanz bestätigte Gefängnisstrafe von drei Monaten ist daher, auch unter Berücksichtigung der leichten Verminderung der Zurechnungsfähigkeit, unhaltbar milde und deshalb bundesrechtswidrig, selbst wenn der Beschwerdegegner sich einzig der Nötigung zur Duldung des Oralverkehrs schuldig gemacht hätte. Hinzu kommt indessen, dass der – insoweit einschlägig vorbestrafte – Beschwerdegegner sich auch noch der Pornographie schuldig gemacht hat, was straferhöhend zu berücksichtigen ist (E. 2.5).

Der Fall geht somit zurück ans Kantonsgericht, das seine Strafe mindestens verdreifachen müssen wird.