Bundesanwaltschaft als Zensurbehörde
Die Bundesanwaltschaft führt ein Strafverfahren gegen ein Vorstandsmitglied des IZRS. Gegenstand ist ein online über YouTube zugängliches Video mit einem “Propaganda-Interview.” Die BA hat gemäss Tages-Anzeiger verlangt, dass das Video gelöscht wird und hat dann mit Unverständnis darauf reagiert, dass lediglich eine Altersbeschränkung aufgeschaltet wurde.
Sie hat sogar den Rechtsstaat und die Verhältnismässigkeit bemüht, die nach Eröffnung eines Verfahrens kein Thema mehr sei:
[Die BA erwarte], dass Provider, egal ob Google oder andere, ihre Mitverantwortung wahr nehmen «und ihren Beitrag gegen die Propaganda leisten». Unbestrittenermassen brauche es eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und den Interessen der Strafverfolgungsbehörden, sagte Marty weiter. Aber nach der Einleitung eines Strafverfahrens in der Schweiz als einem Rechtsstaat sei die Verhältnismässigkeit kein Thema mehr.
Muss man Islamist sein, um die Reaktion der BA abwegig zu finden?
Die BA fand offenbar den 20 Minuten-Artikel in dieser Sache abwegig, man schaue sich mal die Anmerkung an:
In einer ersten Version des Artikels hiess es, die Bundesanwaltschaft werfe einem IZRS-Vorstandsmitglied vor, «Propaganda für die IS-Terrormiliz» betrieben zu haben. Richtig ist: Der Beschuldigte soll gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen verstossen haben. Ihm wird vorgeworfen, ein Führungsmitglied der dschihadistischen Dachorganisation Jaysh al-Fath interviewt zu haben, zu welcher auch der syrische Al-Qaida-Ableger Jabhat al-Nusra gehört. Er soll seine Reise in umkämpfte Gebiete in Syrien im Video propagandistisch dargestellt zu haben, ohne sich explizit von den Al-Qaida-Aktivitäten in Syrien zu distanzieren.
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/15267378
Was wäre aus Ihrer Warte das korrekte Vorgehen?
Ich habe keine Ahnung. Ich weiss nur, dass die BA nicht die Macht haben darf (und auch nicht hat), das Internet zu zensurieren. Ich wünsche mir, dass sich die Provider nicht einfach fügen, solange sie sich selbst nicht strafbar machen.
Sofern es tatsächlich zu einer Verurteilung wegen der Unterstützung einer i.S.v. Art. 1 des Bundesgesetzes über das Verbot der Gruppierungen “Al-Qaida” und “Islamischer Staat” sowie verwandter Organisationen kommt, könnte sich auch der Provider nach Art. 102 Abs. 2 StGB strafbar gemacht haben.
Art. 2 des Bundesgesetzes ist zwar keine Katalogstraftat, die Anlasstat könnte aber gleichwohl die Voraussetzungen von Art. 260ter StGB erfüllen, welcher hinter Art. 2 des Bundesgesetzes zurücktritt.
Man könnte sich ferner überlegen, ob im Falle einer Verurteilung allenfalls die Sicherungseinziehung nach Art. 69 StGB analog zur Anwendung kommen könnte. Diese bezieht sich zwar auf Gegenstände, doch es wäre wohl verhältnismässiger, lediglich die Löschung von Daten zu verlangen, als die Hardware, auf welcher die Daten gespeichert sind, einzuziehen und zu verschrotten.