Bundesgericht hebt Auslieferungshaftbefehl auf

In einem von den Medien (vgl. NZZ) bereits aufgenommenen Fall hat das Bundesgericht die Auslieferung eines Türken, der in der Schweiz vorläufig aufgenommen wurde, aufgehoben. Der zur Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehene Entscheid fasst die Gründe wie folgt zusammen:

Im vorliegenden Fall bestehenkeine ausreichend klaren, widerspruchsfreien und verlässlichen Verdachtsgründe dafür, dass der Verfolgte sich eines Tötungsdeliktes bzw. der Unterstützung oder Mitgliedschaft bei einer kriminellen Organisation strafbar gemacht hat. Zudem widerspräche eine Auslieferung des zur Tatzeit 15- bis 16-jährigen Verfolgten, der im Rahmen bürgerkriegsähnlicher Auseinandersetzungen einer separatistischen Widerstandsgruppe lose angehörte, 1996 mit 17 Jahren als Flüchtling in die Schweiz emigrierte, 1999 asylrechtliche vorläufige Aufnahme fand und seit mehr als 10 Jahren hier ohne Beanstandungen lebt, dem Sinn und Zweck des EAUe (E. 6).

In der Folge prüfte das Bundesgericht auch die Entlassung aus der Auslieferungshaft, die es wie folgt begründete:

Es stellt sich die Frage, ob sich im vorliegenden Fall eine nochmalige Ergänzung des Ersuchens rechtfertigt […]. Aufgrund der Rechtshilfeakten kann nicht erwartet werden, dass die notwendigen zusätzlichen Abklärungen und Garantien innert angemessener Frist erhältlich wären. Das Ersuchen wurde vor mehr als dreieinhalb Jahren eingereicht, und der Verfolgte befindet sich seit fast einem Jahr in Auslieferungshaft (E. 7).

Interessant sind auch die Feststellungen des Bundesgerichts zur Frage, wie das EAUe in einem Fall auszulegen ist, der wie hier nach dem Recht des ersuchten Staates im Jugendstrafverfahren zu beurteilen wäre. Dazu enthält das EAUe keine Bestimmungen, was das Bundesgericht zur Feststellung führte, es liege eine zu füllende Lücke vor (geht das im Staatsvertragsrecht?). Es schloss (dann wohl doch nicht in Lückenfüllung), dass eine Auslieferung des Verfolgten dem Sinn und Geist des EAUe widerspräche.