Bundesgericht verneint erneut den Eventualvorsatz

Bereits zum dritten Mal in kurzer Folge (vgl. meine früheren Beiträge hier und hier) hebt das Bundesgericht eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung auf, diesmal in einem Fall des Kernstrafrechts (6S.338/2006 vom 02.02.2007):

Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz war dem Beschwerdeführer bewusst, dass sein Vorgehen Todesfolgen haben könnte. Die Wissensseite des Vorsatzes im Sinne der Möglichkeit des Todeseintritts ist damit gegeben. Fraglich ist demgegenüber das Willensmoment. Der Beschwerdeführer und sein Komplize wollten das Opfer in Angst und Schrecken versetzen, damit es ihnen verrate, wo sich der Tresorschlüssel befindet. Sein (vorzeitiger) Tod wäre ihnen nicht nur ungelegen gekommen, sondern hätte den Tatplan nachgerade vereitelt, weil die Täter nicht mehr zu den von ihnen gewünschten Informationen gekommen wären. Dann aber lässt sich schwerlich sagen, der Beschwerdeführer hätte sich gegen das vom Tatbestand der vorsätzlichen Tötung geschützte Rechtsgut entschieden, auch nicht im Sinne einer bloss möglichen Rechtsgutsverletzung. Stand und fiel der Tatplan damit, dass das Opfer nicht versterben würde, jedenfalls nicht, bevor es das Versteck des Tresorschlüssels verraten hatte, lässt sich dem Beschwerdeführer zwar vorwerfen, er habe leichtfertig auf das Ausbleiben des Tötungserfolgs vertraut, nicht aber, er habe den Tötungserfolg, wenn auch ungern und notgedrungen, als einkalkulierte Möglichkeit in seinen Willen aufgenommen (E.4.4).

Der Entscheid ist nicht zur Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehen, dürfte hingegen ein wichtiges Präjudiz darstellen, etwa im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts. Der Nachweis des Eventualvorsatzes dürfte auch unter Berücksichtigung der oben verlinkten beiden Entscheide aus dem Strassenverkehrsrecht deutlich schwieriger werden. Jedenfalls erscheint die Tendenz, Beweisprobleme beim Vorsatz einfach über die Annahme des Eventualvorsatzes lösen zu wollen, gebrochen zu sein.