Bundesgerichtsentscheide als Lehrbücher
Bundesgerichtsentscheide, an denen Prof. Dr. Marc Forster als Gerichtsschreiber mitwirkt, zeichnen sich u.a. dadurch aus, dass sie ausführliche abstrakte Zusammenfassungen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung enthalten. Als Beispiel diene ein heute online gestellter Entscheid (BGer 1B_69/2013 vom 27.06.2013), in dem erst ab Erwägung 5 auf die konkreten Rügen des Beschwerdeführers Bezug genommen wird.
Es geht um die Ablehnung eines Staatsanwalts und um die Feststellung, dass kein grundrechtlicher Anspruch auf einen qualifiziert unabhängigen Staatsanwalt bestehe:
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes hat die beschuldigte Person keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass untersuchungsleitende Staatsanwälte (Art. 16 Abs. 2 StPO) oder mit Ermittlungen beauftragte Polizeiorgane (Art. 15 Abs. 2 StPO) mit qualifizierter richterlicher Unabhängigkeit im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV ausgestattet würden (vgl. BGE 138 IV 142 E. 2.2.1 S. 145; 127 I 196 E. 2b S. 198; 124 I 274 E. 3e S. 282 mit Hinweisen; Urteile 1B_224/2010 vom 11. Januar 2011 E. 4.5; 1B_78/2010 vom 31. August 2010 E. 2) [E. 4].
Auf den konkreten Fall angewendet sind insbesondere die in Klammer gesetzten Stellen bemerkenswert:
Aus den Vorbringen des Beschwerdeführers und den vorliegenden Akten ergeben sich keine (besonders krassen oder ungewöhnlich häufigen) Versäumnisse bzw. Prozessfehler des Staatsanwaltes im Sinne der dargelegten Rechtsprechung. Dies gilt namentlich für die Vorbringen, der Staatsanwalt habe auch entlastende Umstände mit gleicher Sorgfalt zu untersuchen, und vor der Einvernahme habe der Staatsanwalt das Kontrollschild des am 28. Februar 2012 verwendeten Fahrzeugs (wegen einer Sichtdistanz von 50 Metern und einem „ungünstigen Winkel“) gar nicht lesen können. In diesem Zusammenhang kann auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden, wonach es grundsätzlich Sache der Verfahrensleitung ist, zu bestimmen, ob und in welcher Reihenfolge konkrete Beweiserhebungen stattzufinden haben. Auch die Art und Weise sowie der Gegenstand der Fragestellung bei Einvernahmen ist (im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften) vom Untersuchungsleiter und nicht vom Beschuldigten festzulegen. Nicht zu beanstanden ist auch die Erwägung des Obergerichtes, die vom Beschwerdeführer geführte Diskussion darüber, inwiefern der Staatsanwalt schon vor der Einvernahme begründeten Anlass zu Zweifeln gehabt haben könnte, ob das präsentierte Fahrzeug mit dem im Tatzeitpunkt verwendeten identisch war, sei nicht geeignet, den Untersuchungsleiter als vorbefasst erscheinen zu lassen (E. 5.4).
Cool, dann muss ich mir keine Lehrbücher mehr kaufen, kann einfach die BGEs ausdrucken und binden lassen…
Allerdings oft auch durch eine freie, ja eigenwillige Interpretation des Gesetzes. Erinnert sei an Entscheide zur Haftbeschwerde der Staatsanwaltschaft und zur optionalen kantonalen Zweistufigkeit im Entsiegelungsverfahren mit willkürlicher Abgrenzung.
Nein nein, er begründet als Gerichtsschreiber ja bloss die Entscheide der Richter, die manchmal in der Strafverfolgungsperspektive gefangen zu sein scheinen.