“Civil forfeiture” in Schaffhausen?
Die Staatsanwaltschaft SH hat bei einem Beifahrer Bargeld beschlagnahmt, weil es mit Kokain kontaminiert war und weil der Beifahrer offenbar keine plausiblen Erklärungn über Herkunft und Verwendung des Geldes liefern konnte. Die Einziehung des Geldes erweist sich gemäss Bundesgericht als willkürlich (BGer 6B_1042/2019 vom 02.04.2020).
Zur deliktischen Herkunft:
Die blosse Kokain-Kontamination genügt für den Nachweis der deliktischen Herkunft von Bargeld aus dem Drogenhandel in der Regel nicht, wenn als Grund für die Kontamination ein blosser Besitz von Kokain zum Eigenkonsum nicht ausgeschlossen werden kann. Für den Nachweis der deliktischen Herkunft der Gelder bedarf es daher weiterer Indizien wie das Fehlen einer plausiblen Erklärung für einen legalen Erwerb. Vorliegend kann dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht werden, er habe keine Erklärung für die legale Herkunft des grossen Geldbetrages geliefert, da er einen Darlehensvertrag über CHF 60’000.– einreichte. Der Darlehensgeber wurde am 3. September 2017 polizeilich einvernommen, wobei er bestätigte, dem Beschwerdeführer als Darlehen 60 CHF-Tausendernoten in einem Couvert übergeben zu haben, mit welchen dieser eine CBD-Indoor-Hanfanlage aufbauen sollte. Damit sprechen gewichtige Indizien dafür, dass das Geld aus dem Darlehen stammen könnte (E. 2.4.2).
Zur Verwendung:
Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer vor, er habe nicht dargelegt, was mit den 60 CHF-Tausendernoten nach dem Erhalt im erwähnten Couvert im Einzelnen geschehen sei. Sie macht diesem sinngemäss zum Vorwurf, er hätte im Einzelnen aufzeigen und belegen müssen, welche Käufe und Investitionen er mit dem nicht beschlagnahmten Anteil des Darlehens tätigte. Die Vorinstanz verlangt vom Beschwerdeführer folglich nicht nur, dass er die legale Herkunft des beschlagnahmten Bargeldes belegt, sondern sich auch zur übrigen Verwendung des Darlehens äussert. Was die Vorinstanz damit erreichen will, bleibt unklar. Bei Zweifeln, ob der Beschwerdeführer das erwähnte Darlehen tatsächlich ausbezahlt erhielt, hätte es nahe gelegen, beim Darlehensgeber einen Bankbeleg für den Bezug der CHF 60’000.– in bar einzuholen. Da der Beschwerdeführer nach der Rechtsprechung die legale Herkunft des Geldes nicht beweisen, sondern lediglich seiner Mitwirkungspflicht nachkommen muss (oben E. 2.2.2), hätte die Vorinstanz diesen vorgängig zudem zumindest auffordern müssen, die ihres Erachtens fehlenden Belege einzureichen (E. 2.4.3).
Zusammengefasst:
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Drogenhandel tätig war und daher auch eine illegale Einnahmequelle hatte, zeigt die Vorinstanz nicht auf. Die Einziehung der CHF 27’630.– verstösst gegen Bundesrecht, da die blosse Kokain-Kontaminierung der Gelder unter den konkreten Umständen als Beweis für die deliktische Herkunft des Geldes nicht ausreicht. Die Vorinstanz verkennt, dass der Staat die deliktische Herkunft der Gelder beweisen muss. Die von der Beschlagnahme betroffene Person hat lediglich insoweit eine Mitwirkungspflicht, als sie in zumutbarer Weise darlegen muss, aus welcher (legalen) Quelle die Vermögenswerte stammen (2.4.5, Hervorhebungen durch mich).
Fazit: Die Einziehungsregeln des StGB erinnern teilweise stark an das in den USA verbreitete Institut der “civil forfeiture”. Zum Glück verlangt das Bundesgericht aber weiterhin einen vom Staat zu erbringenden Beweis für die deliktische Herkunft der Vermögenswerte.