Clean-Kontrolle verzögert

Das Verzögern einer “Clean-Kontrolle” um eine Viertelstunde stellt keine Hinderung einer Amtshandlung dar, jedenfalls nicht unter den Voraussetzungen, vor denen das Bundesgericht in BGer 6B_480/2012 vom 21.12.2012 ausging. Es bestätigt den Freispruch einer Frau, die sich gegen die polizeiliche Aufforderung wehrte, sich auszuziehen. Mit Strafbefehl war sie wegen mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 Ziff. 1 StGB) und Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286 StGB) zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden. Alle drei Gerichtsinstanzen sprachen sie frei.

Der Beschwerdegegnerin wird vorgeworfen, sie sei der Aufforderung, sich auszuziehen, erst nach “langem Hin und Her” nachgekommen. In der anfänglichen Weigerung liegt kein aktives Tun, sondern eine blosse Nichtbefolgung einer amtlichen Anordnung. Zwar verhielt sich die Beschwerdegegnerin dabei laut und auffällig. Lautstärke und Intensität der ablehnenden Äusserung können jedoch nicht dazu führen, dass die Weigerung zur Hinderung einer Amtshandlung würde (BGE 110 IV 92 in fine). Dadurch wurde keine Handlung der Polizistinnen erschwert, da diese nie versuchten, der Beschwerdegegnerin die Kleider selber, d.h. unter Anwendung von Zwang, auszuziehen. Dies ergibt sich aus der Äusserung der Polizistin A., “sie seien kurz davor gewesen, das zwangsweise Cleaning zu machen”. Mit starkem Widerwillen habe sich die Beschwerdegegnerin dann doch noch ausgezogen. Sie hätten nicht Zwang anwenden müssen (…). Den Aussagen der beiden Polizistinnen kann entnommen werden, dass sich diese vor der telefonischen Kontaktaufnahme mit der Amtsstatthalterin im Verlaufe der Diskussionen mit der Beschwerdegegnerin zu einem “Zwangscleaning” gar nicht befugt erachteten (…). Gemäss dem Polizeirapport vom 7. Januar 2009 verfügte die Amtsstatthalterin anlässlich dieses Telefongesprächs den Beizug der Amtsärztin (…). Zweifelhaft ist, ob die Polizistinnen eine zwangsweise Durchführung der “Clean-Kontrolle” vor dem Beizug der Ärztin überhaupt in Betracht zogen (vgl. zum Erfordernis des Beizugs eines Arztes bei intimen Leibesvisitationen BGE 123 I 221 E. II./2b; 109 Ia 146 E. 8b).

Die anfängliche Weigerung der Beschwerdegegnerin, sich auszuziehen, ist als blosse Nichtbefolgung einer Anordnung zu qualifizieren. Die Vorinstanz sprach die Beschwerdegegnerin zu Recht vom Vorwurf der Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB frei (E. 2.5).
So sehr ich den Entscheid begrüsse, so sehr wundere ich mich, dass die Staatsanwaltschaft mit ihrer Beschwerde unterlag. Für Strafverteidiger eignet er sich jedenfalls gut als Präjudiz.