"Conseil de la Magistrature" oder "Conseil des Tribunaux"?
In seiner Vernehmlassung zum Vorentwurf des Strafbehördenorganisationsgesetzes(StBOG, vgl. meinen früheren Beitrag) schlägt das Bundesstrafgericht einen neuen Weg zur Aufsicht über die Bundesanwaltschaft vor. Es will die ungeteilte Aufsicht einem „Conseil de la Magistrature“ (CdM) unterstellen, der alle drei Gewalten einbinden soll:
Dieser CdM soll vom Parlament (Vereinigte Bundesversammlung) für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt werden und sich aus Vertretern des Parlaments, der fachkundigen Justiz (BGr/BStGer) sowie Exekutiv- und Verwaltungsvertretern (EJPD) zusammensetzen. Der CdM soll die ungeteilte Aufsicht über die BA ausüben. Die Weisungsbefugnisse des CdM im Bereich der fachlichen Tätigkeit (Einleitung, Durchführung oder Abschluss von Strafverfahren, Vertretung der Anklage, Ergreifung von Rechtsmitteln) ist auf generell–abstrakte Weisungen zu beschränken. Im Bereich der nicht fachlichen Aufsicht (Budget, Rechnungswesen, Personalwesen, Logistik etc.) sollen hingegen auch Weisungen im Einzelfall möglich sein. Der CdM soll Budget und Rechnung der BA gegenüber den Finanzkommissionen der Räte vertreten. Berichterstattungs- und Auskunftspflicht der BA gegenüber dem CdM können ähnlich definiert werden, wie dies in den Art. 21 und 22 VE vorgesehen ist.
Mich überzeugt der Vorschlag nicht, weil ich nicht einzusehen vermag, aus welchem Grund Legislative und Judikative mit der Aufsicht über eine Exekutivbehörde wie die Bundesanwaltschaft betraut werden sollen. Der Vorschlag ist wohl nur vor dem Hintergrund der unsäglichen Affäre Roschacher zu sehen, die politisch hochgekocht wurde und mit der Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft bei nüchterner Betrachtung herzlich wenig zu tun hatte.
Als Strafverteidiger ist mir die Idee unerträglich, dass Mitglieder eines Gerichts, die über die Anklagen der Bundesanwaltschaft zu urteilen haben, gleichzeitig via CdM ein Weisungsrecht über eben diese Bundesanwaltschaft haben sollen. Der Vorschlag des Bundesstrafgerichts weicht die Gewaltentrennung weiter auf und ist m.E. daher abzulehnen.
Was notwendig wäre ist vielmehr ein Conseil, der die Gerichte beaufsichtigt. Das Prinzip von checks and balances hat hier seine empfindlichsten Lücken. Sie lassen es zu, dass Richter auf allen Stufen, die ihrer Aufgabe offensichtlich nicht genügen, unbehelligt im Amt bleiben, und dies nicht selten jahrzehntelang.