Dann macht’s doch selbst!
Das Obergericht AG hat in einem Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht beantragt, bei Gutheissung der Beschwerde gegen seinen Entscheid doch gleich selbst (reformatorisch) zu entscheiden. Es kam wie es kommen musste.
Das Bundesgericht kassiert und erklärt, wieso es i.c. nicht reformatorisch entscheiden kann (BGer 6B_1358/2018 vom11.03.2019):
Die Vorinstanz beantragt, dass das Bundesgericht im Falle der Gutheissung der Beschwerde reformatorisch entscheiden und die Strafzumessung selbst vornehmen soll. Dies ist weder bei der Höhe der Freiheitsstrafe wegen qualifiziert grober Verletzung der Verkehrsregeln noch hinsichtlich der Geldstrafe wegen mehrfachen Fahrens trotz Entzug des Führerausweises möglich. Die Vorinstanz verkennt insoweit, dass das Bundesgericht kein Sachgericht ist, das die Strafzumessung vorzunehmen hat. Es kann nicht sein eigenes Ermessen an jenes der Sachgerichte setzen. Ein reformatorischer Entscheid durch das Bundesgericht kommt im Bereich der Strafzumessung grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist, was kaum vorstellbar ist (E. 5).
Die Vorinstanz hatte nur unzureichend begründet, warum sie derart stark von der Mindeststrafe abgewichen ist. Für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 51 km/h innerorts sprach sie eine unbedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten aus.
Das Bundesgericht kümmert sich halt lieber um herunterfallende Steinplatten in seinem Elfenbeinturm zu Lausanne (siehe Jahresbericht). Wenn man Urteile anderer Abteilungen anschaut, dann können die sehr wohl reformatorisch entscheiden, auch dort wo ein Ermessen besteht. Absurd wird es, wenn die Strafabteilung in anderen Fällen auf eine Beschwerde nicht eintritt, weil kein reformatorischer Antrag gestellt worden ist! So nach dem Motto: Du hast nicht beantragt, was wir eh nicht machen, deshalb treten wir darauf nicht ein. Das ist ziemlich schäbig vom Bundesgericht.
Und so kommt es, wie es kommen muss: Rückweisung an die Vorinstanz, die neu entscheidet, dann wieder rauf ans Bundesgericht, evtl. nochmals Rückweisung und nochmals rauf. Dafür jammern die in Lausanne wegen zu hoher Pendenzenlast, statt mal endlich selber zu entscheiden.
Das Problem dürfte dann wohl wieder sein, dass die Vorinstanzen eher den bequemen Weg ans Bundesgericht nehmen werden, als selbst (unangenehme) Entscheide zu fällen. Es ist ja schon auffällig, dass vom Amt her immer mehr Verantwortung an die oberen Instanzen abgeschoben wird. Offenbar will keiner der Bölimann sein, wenn etwas passieren sollte. Lieber nochmal bei der oberen Instanz absichern. Aber einen hohen Lohn, das kassieren alle…