Das Berufungsverfahren ist grundsätzlich mündlich

Diesen Grundsatz wiederholt das Bundesgericht unter Berufung auf Art. 405 StPO immer und immer wieder, zuletzt in BGer 6B_722/2020 vom 19.11.2020). Den vorliegenden Entscheid zitiere ich aber wegen folgender Erwägung, in welcher das Bundesgericht staccato die StPO erklärt:

Im Strafverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz. Danach klären die Strafbehörden von Amtes wegen alle für die Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen ab (Art. 6 Abs. 1 StPO). Die Ermittlung des wahren Sachverhalts ist von zentraler Bedeutung. Insofern ist es mit Blick auf das Ziel der Erforschung der materiellen Wahrheit erforderlich, dass die Gerichte eine aktive Rolle bei der Beweisführung einnehmen (BGE 144 I 234 E. 5.6.2). Nur wenn die Gerichte ihrer Amtsermittlungspflicht genügen, dürfen sie einen Sachverhalt als erwiesen (oder nicht erwiesen) ansehen und in freier Beweiswürdigung darauf eine Rechtsentscheidung gründen. Der Grundsatz “in dubio pro reo” kann sachlogisch erst zur Anwendung kommen, wenn alle aus Sicht des urteilenden Gerichts notwendigen Beweise erhoben wurden. Da es den Strafbehörden obliegt, die Beweise rechtskonform zu erheben, sind die notwendigen Ergänzungen von Amtes wegen vorzunehmen. Dazu bedarf es keines Antrags durch eine Partei (BGE 143 IV 288 E. 1.4.1).  Das Rechtsmittelverfahren setzt das Strafverfahren fort und knüpft an die bereits erfolgten Verfahrenshandlungen, namentlich die bereits durchgeführten Beweiserhebungen, an (BGE 143 IV 408 E. 6.2.1, 288 E. 1.4.1). Es beruht auf den Beweisen, die im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhoben worden sind (Art. 389 Abs. 1 StPO). Beweisabnahmen des erstinstanzlichen Gerichts sind im Rechtsmittelverfahren jedoch zu wiederholen, wenn Beweisvorschriften verletzt worden sind, die Beweiserhebungen unvollständig waren oder die Akten über die Beweiserhebungen unzuverlässig erscheinen (Art. 389 Abs. 2 lit. a-c StPO). Sofern die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels für die Urteilsfällung notwendig erscheint, mithin, wenn sie den Ausgang des Verfahrens beeinflussen kann, erhebt das Berufungsgericht zudem auch im Vorverfahren ordnungsgemäss erhobene Beweise noch einmal (Art. 343 Abs. 3 i.V.m. Art. 405 Abs. 1 StPO; BGE 143 IV 288 E. 1.4.1). Das Gericht verfügt bei der Frage, ob die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels erforderlich ist oder ob eine gerichtlich erfolgte Beweisabnahme gestützt auf Art. 343 Abs. 3 StPO im Berufungsverfahren zu wiederholen ist, über einen Ermessensspielraum (BGE 140 IV 196 E. 4.4.2; Urteil 6B_1189/2018 vom 12. September 2019 E. 2.1.1 f. mit Hinweisen) [E. 1.1.2].