Das Bundesgericht zum Kristallnacht-Tweet
Der Kristallnacht-Tweet-Entscheid des Bundesgerichts ist online (BGer 6B_627/2015 vom 04.11.2015). Dem verurteilten Beschwerdeführer wirft das Bundesgericht vor, er nehme
in seinem Tweet die Stimmung der Novemberpogrome, nämlich Völkermord an den Juden, auf und richte[t] diesen Gehalt gegen “Moscheen”, d.h. gegen die Gemeinschaft der Menschen islamischen Glaubens (E. 2.10).
Das ist aus folgendem Grund “rassistisch” im Sinne des Gesetzes:
Das Gesetz beruht auf dem Grundsatz der angeborenen Würde und Gleichheit aller Menschen (BGE 123 IV 202 E. 3a). Die Strafnorm bezweckt diesen Schutz aller Menschen. Als Herabsetzung oder Diskriminierung erscheinen alle Verhaltensweisen, durch welche einer Person oder den Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe wegen einer (ihnen auch bloss zugeschriebenen, BGE 123 IV 202 E. 3a) Rasse, Ethnie oder Religion die Gleichwertigkeit als menschliche Wesen oder die Gleichberechtigung in Bezug auf die Menschenrechte abgesprochen oder zumindest in Frage gestellt werden (BGE 131 IV 23 E. 3) [E. 2.1].
Ich weiss nicht so recht, was ich davon halten soll. Abgesehen davon, dass der inkriminierte Tweet abgrundtief ignorant ist, halte ich ihn (rechtspolitisch) nicht für strafwürdig. Ich bin auch nicht sicher, ob er wirklich unter Art. 261bis Abs. 4 StGB subsumierbar ist, der da lautet:
[…] wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert oder aus einem dieser Gründe Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht, […, Hervorhebungen durch mich].
Schwieriger Fall!
Wenn man die Tweet Konversation nachliest, so erkennt man, dass der Twitterer in dieser sich für die Rechte der Frauen eingesetzt hat. Man hätte sein ignorante Aussage zumindest im Kontext beurteilen müssen. Es ist schon erstaunlich, dass eine falsche Wortwahl solche Konsequenzen hat, wenn man dann Hassprediger in der Schweiz auftreten lässt.