Das Ende der antizipierten Beweiswürdigung?

Das Bundesgericht heisst eine Beschwerde gut, weil die Vorinstanz Beweisanträge des Beschwerdeführers zu Unrecht abgewiesen hatte (BGer 6B_764/2013 vom 26.05.2014).  Es erinnert zunächst daran, dass es Aufgabe der Strafbehörden ist, den relevanten Sachverhalt zu ermitteln:

Gemäss Art. 139 StPO setzen die Strafbehörden zur Wahrheitsfindung alle nach dem Stand von Wissenschaft und Erfahrung geeigneten Beweismittel ein, die rechtlich zulässig sind (Abs. 1). Über Tatsachen, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bereits bekannt oder rechtsgenügend erwiesen sind, wird nicht Beweis geführt (Abs. 2; vgl. auch Art. 318 Abs. 2 StPO). Nur wenn die Strafverfolgungsorgane ihrer Amtsermittlungspflicht genügen, dürfen sie einen Sachverhalt als erwiesen ansehen ( SABINE GLESS, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, Art. 139 N 10 StPO). Beweisanträge dürfen mithin nur in den engen Grenzen von Art. 139 Abs. 2 StPO abgewiesen werden ( GLESS, a.a.O., Art. 139 StPO N 11 und 48; WOLFGANG WOHLERS, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, Art. 139 N 6) [E. 3.1].

Anschliessend zeigt das Bundesgericht den Mechanismus der antizipierten Beweiswürdigung und legt damit unausgesprochen auch gleich dar, dass sie in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle gar nicht zulässig sein kann:

Nach der Rechtsprechung muss die Strafbehörde bei der antizipierten Beweiswürdigung das vorläufige Beweisergebnis hypothetisch um die Fakten des Beweisantrages ergänzen und würdigen. Die Ablehnung des Beweisantrags ist zulässig, wenn die zu beweisende Tatsache nach dieser Würdigung als unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen anzusehen ist. Lehnt die Strafbehörde den Beweisantrag ab, hat sie nicht nur darzulegen, weshalb sie aufgrund der bereits abgenommenen Beweise eine bestimmte Überzeugung gewonnen hat, sondern auch, weshalb die beantragte Beweismassnahme aus ihrer Sicht nichts an ihrer Überzeugung zu ändern vermag (Urteil des Bundesgerichts 6B_358/2013 vom 20. Juni 2013 E. 3.4 mit Hinweis) [E. 4.3].

Die geforderte Begründungsdichte bei der Abweisung von Beweisanträgen wird nach dieser Erwägung kaum je überzeugend erfüllt werden können, im vorliegenden Fall auch nach Meinung des Bundesgerichts nicht:
Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Die Vorinstanz legt ihrem Entscheid die Annahme zugrunde, es fehlten konkrete Hinweise dafür, dass sich in den Projektdossiers und Projektkontrolllisten Hinweise für die vom Beschwerdeführer behaupteten Vorauszahlungen fänden. Damit folgt sie nicht der Vorgehensweise bei der antizipierten Beweiswürdigung, nach welcher die Abweisung eines Beweisantrags nur zulässig ist, wenn das Gericht annehmen darf, die beantragten Beweisvorkehren würden an seiner Überzeugung nichts ändern. Wie der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt, liesse sich dies im zu beurteilenden Fall nicht annehmen, wenn die beantragten Beweise die Darstellung des Beschwerdeführers stützen würden. Das angefochtene Urteil drückt lediglich die Auffassung der Vorinstanz über die Wahrscheinlichkeit aus, dass in den Unterlagen der Beschwerdegegnerin 2 tatsächlich Nachweise für Vorleistungen der B GmbH gefunden werden könnten. Zudem lässt sich nicht sagen, die beantragten Beweise seien untauglich, den Nachweis der behaupteten Tatsache zu erbringen. Indem die Vorinstanz den Beweisantrag in antizipierter Beweiswürdigung abgewiesen hat, verletzt sie den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör.
Nicht vor Bundesrecht stand hält auch der Verzicht, bei der Beschwerdegegnerin 2 das Original des Postfinance Auszuges einzufordern bzw. abzuklären, ob sie über das Originaldokument verfügt. Die zuständigen Behörden sind aufgrund von Art. 6 StPO verpflichtet, sämtliche für die Beurteilung der Tat der beschuldigten Person bedeutsamen belastenden wie auch entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt von Amtes wegen abzuklären. Dass der Beschwerdeführer keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, schadet nicht, denn die beschuldigte Person trifft keine Beweisführungslast. Vielmehr ist die Behörde unabhängig von Anträgen der Parteien gehalten, den Sachverhalt zu ermitteln (Riedo/Fiolka, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, Art. 6 N 63 ff.). Es mag zutreffen, dass die Aussagen des Beschwerdeführers nicht in jeder Hinsicht als widerspruchsfrei und glaubhaft erscheinen, doch kann dies allein nicht dazu führen, ihm die Möglichkeit zu versagen, die Richtigkeit seiner Darstellung des Sachverhalts mit den von ihm beantragten entlastenden Beweisen nachzuweisen (E. 4.3).
Schade, dass der sorgfältig und überzeugend begründete Entscheid nicht für die amtliche Sammlung bestimmt ist.