Das Mobiltelefon im Strassenverkehr

Das Strassenverkehrsrecht zeichnet sich je länger je mehr dadurch aus, dass das Gebotene nicht erfüllbar ist und dass alles andere verboten ist. Im Ergebnis heisst das, dass man sich als Verkehrsteilnehmer nicht mehr auf die ohnehin unmögliche Einhaltung aller Regeln konzentriert, sondern bloss noch darauf, nicht erwischt zu werden. Das scheint ganz im Sinn der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich zu sein, die einen Freispruch ans Bundesgericht weiterzog, das sie nach verhältnismässig langer Verfahrensdauer in Fünferbesetzung abweist (BGer 6B_1183/2014 vom 27.10.2015).

Das Bundesgericht stellt klar, dass das Halten eines Mobiltelefons während der Fahrt nicht notwendigerweise eine verbotene Straftat darstellt:

Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wesentlich von dem in BGE 120 IV 63 beurteilten Fall der Benützung eines Mobiltelefons während der Fahrt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bedienung des Fahrzeugs nicht gewährleistet war, zumal sich aus dem vorinstanzlichen Urteil nicht ergibt, wo die linke Hand des Beschwerdegegners war. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner die verkehrsrelevanten Manipulationen mit der anderen Hand vornehmen konnte. Angesichts der konkreten Verkehrsumstände ist nicht erstellt, dass das Halten des Telefons den Beschwerdegegner in irgendeiner Weise für die Erfüllung der unerlässlichen Vorsichtspflichten beeinträchtigte. Die linke Hand büsste durch das Halten des Telefons nicht an Beweglichkeit ein. Bei einer geänderten Verkehrssituation hätte er das Telefon sofort weglegen können. Zudem war das Gesichtsfeld des Beschwerdegegners nicht eingeschränkt, und die freie Bewegung des Kopfes war für notwendige Seitenblicke oder die Beobachtung des Rückspielgels nicht behindert.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin erschwerte das Halten des Telefons während 15 Sekunden in keiner Weise die Verfügbarkeit der sich allenfalls nicht am Lenkrad befindlichen Hand, zumal es sich nicht um eine lange Dauer im Sinne der Rechtsprechung handelt. Der Beschwerdegegner hatte seinen Blick stets auf die Strasse gerichtet. Er hätte jederzeit auf die Verkehrsgeschehnisse reagieren können. Der Freispruch der einfachen Verkehrsregelverletzung hält vor Bundesrecht stand. Anders aber wäre der Fall allenfalls zu beurteilen, wenn er mit dem Mobiltelefon telefoniert oder andere Manipulationen vorgenommen hätte (E. 1.6).
Dieses Urteil war nur möglich, weil die Sachverhaltsfeststellung wasserdicht war. Die kantonale Justiz wird versuchen, den Sachverhalt so zu wenden, dass man trotzdem büssen kann. Man wird etwa sagen, dass es keinen Sinn macht, ein Telefon zu halten, ohne den Blick darauf (und damit weg von der Strasse) zu werfen. Die kantonale Justiz könnte natürlich auch einfach freisprechen, aber das hat jeweils unangenehme Folgen für die Staatskasse.