Das Radarfoto und das Schweigen und überhaupt
Wenn es um Beweiswürdigung geht, sind Richterinnen und Richter im wahrsten Sinn des Worts über jeden Zweifel erhaben. Sie können unter Beizug von negativen “Indizien” selbst Zweifel über die Identität einer beschuldigten Person ausräumen, die sich aus morphologischen Gutachten ergeben, ohne in Beweislastumkehr zu verfallen. Mitunter unterlaufen ihnen dabei aber Denkfehler wie der folgende, den auch das Bundesgericht nicht beanstandet (BGer 6B_546/2023 vom 13.11.2023):
Nicht zu beanstanden ist schliesslich, wenn die Vorinstanz erwägt, die erkennbare Ähnlichkeit in Bezug auf die beschreibbaren Merkmale der Gesichtsmorphologie gemäss Untersuchungsbericht alleine reiche nicht aus, um die Täterschaft der Beschwerdeführerin bzw. ihre Identität mit der fahrzeuglenkenden Person festzustellen; dennoch könne sie als Indiz für ihre Täterschaft gewertet werden (E. 1.4.2).
Mangelnder Identitätsnachweis bzw. blosse Ähnlichkeit als Indiz für die Identität? Die Vorinstanz hatte eine Reihe weiterer “Indizien”, darunter den Umstand, dass die beschuldigte Person die wahre Täterschaft nicht nannte, sondern lediglich mögliche Lenkerinnen. Darin sieht die Rechtsprechung unter gewissen Umständen, die hier bejaht wurden, bekanntlich keine Verletzung von “nemo tenetur”:
Vorliegend durfte die Vorinstanz demnach das Schweigen der Beschwerdeführerin aufgrund der konkreten Umstände in ihre Beweiswürdigung miteinbeziehen; dies tut sie im Übrigen ohnehin nur in untergeordneter Weise. Insgesamt begründet sie ihren Beweisschluss sorgfältig und willkürfrei anhand diverser Indizien. Daran ändert auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts, wonach ihre Töchter nicht hätten begründen müssen, gestützt worauf sie ihre Aussagen verweigerten, weshalb die Vorinstanz nicht annehmen könne, sie hätten nicht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Die Beschwerdeführerin zeigt weder auf, inwieweit dies Auswirkungen auf das Beweisergebnis gehabt hätte noch weshalb ihr eigenes Schweigen nicht in die Beweiswürdigung hätte miteinbezogen werden dürfen (vgl. oben E. 1.3.2). Hinzu kommt, dass sich die Vorinstanz ausführlich dazu äussert, ob auch die Töchter als Lenkerinnen des Fahrzeugs in Frage kommen würden, womit sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde nicht auseinandersetzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Insgesamt ist weder eine Verletzung von Art. 113 StPO, noch von Art. 9 BV, Art. 6 und 10 StPO oder Art. 6 Abs. 2 EMRK ersichtlich. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann (E. 1.6.5).
Beachtlich ist, dass die Verurteilte nicht die Halterin des geblitzten Wagens war.
…. manchmal frage ich mich schon, in welchem schlechten Zustand unser Justizsystem ist… was läuft da falsch und was müsste man da tun?
Um die Schweiz einen grossen Bogen machen?
Es gibt so viele schöne Länder um die Schweiz herum, in den meissten lebt es sich auch deutlich besser.
Das glaube ich nicht. Was ich aber glaube: wir machen es nicht besser als unsere Nachbarn.
Unklar am Entscheid ist, ob sich der Halter und EM auf das familiäre Zeugnisverweigerungsrecht berufen und damit möglicherwiese implizit ein Familienmitglied der Täterschaft bezichtigt hat, oder ob das Bundesgericht mit der Vorinstanz implizit die denkwürdige Behauptung aufstellt, dass bei Fehlen von abweichenden Indizien die natürliche bzw. die Rechtsvermutung gelte, dass nur Familienmitglieder ein Auto nutzen würden.
Natürlich ist das so, die Frage die sich allerdings stellt ist wofür es überhaupt noch die lästigen Beweiserhebungen benötigt.
Der Richter kann seinen Finger in die Luft strecken, den Wind fühlen und sagen in Antizipierter Beweiswürdigung habe ich keine Zweifel Sie sind schuldig.