Das Schweigen als Beweismittel
Es ist weitgehend anerkannt, dass die Ausübung des Schweigerechts durch die beschuldigte Person grundsätzlich (es gibt Ausnahmen!) nicht zu ihren Ungunsten verwertet werden darf. Zur Frage, wie es sich verhält, wenn der Beschuldigte nur punktuell geschwiegen hat, äussert sich das Bundesgericht in einem heute zugänglich gemachten Entscheid (BGer 6B_466/2012 vom 08.11.2012)
Es erscheint deshalb nach den zutreffenden Erwägungen des Kassationsgerichts als heikel, dass das Teilschweigen des Beschwerdeführers in die Beweiswürdigung eingeflossen ist (…). Hingegen wurde dieses nicht in unzulässiger Weise berücksichtigt.
Das Geschworenengericht belässt es dabei, das Fehlen grösserer Ungereimtheiten mit dem Hinweis zu erklären, dass der Beschwerdeführer anfänglich (anlässlich der Hafteinvernahme vom 12. Mai 2007 und der polizeilichen Befragung vom 22. Mai 2007) keine Aussagen machte und im Übrigen am 31. Mai 2007 bei der Polizei sowie später anlässlich der Hauptverhandlung zur Sache aussagte. Mithin wertet das Geschworenengericht die im Wesentlichen widerspruchsfreien Aussagen im neutralen Sinne, ohne das Schweigen als Indiz für die Schuld des Beschwerdeführers oder in anderer Weise zu dessen Nachteil zu würdigen. Dies ist nicht zu beanstanden. Aus dem Aussageverweigerungsrecht folgt nicht der Anspruch, dass das Fehlen von Schilderungen die Glaubhaftigkeit der deponierten Aussagen unterstreicht und somit zugunsten des Beschuldigten gewürdigt wird. Das Geschworenengericht lässt den Zeitpunkt der Einlassung des Beschwerdeführers, der zu Beginn geschwiegen hat, nicht in die Beweiswürdigung einfliessen (E. 2.3).
Viel spannender wäre der in der Praxis immer wieder anzutreffende Fall, dass ein Beschuldigter zu einzelnen Vorwürfen schweigt, während er andere ausdrücklich anerkennt oder bestreitet. Intuitiv ist das Schweigen als Indiz für die Schuld zu werten. Aber ich bin ziemlich sicher, dass die Intuition sachlich unhaltbar und rechtlich unzulässig wäre.