Das Strafrecht bestimmt auch das Baurecht
Wer eine Baugrube aushebt und damit die Ursache für einen Schaden am Nachbargrundstück setzt, macht sich u.U. auch strafrechtlich verantwortlich. Die Strafbehörden des Kantons Solothurn haben ein von den geschädigten Nachbarn angestrengtes Strafverfahren gemäss Bundesgericht zu Unrecht und in Verletzung von “in dubio pro duriore” eingerstellt und werden nun angewiesen, das Verfahren weiterzuführen (BGer 1B_184/2012 vom 27.08.2012):
Gemäss Ausführungen des Gutachters D. (…) erfolgte die Ausführung des Aushubs ohne Aushubplan. Der Aushub im Abschnitt der Grundstücksgrenze zu den Beschwerdeführern war nicht nur sehr nahe am Gebäude, sondern auch bis in grosser Tiefe zu tätigen. Gemäss Experten musste die Situation des exponierten Gebäudes der Beschwerdegegner und der dadurch notwendigen (über)steilen Böschung ein klares Gefährdungsbild sein, dem mit adäquaten Mitteln Rechnung zu tragen gewesen wäre.
Damit stehen gewichtige Indizien im Raum, dass die Grösse des dem als Bauherr, Architekt und Bauleiter handelnden Beschwerdegegner bekannten Risikos doch grösser war, als von der Staatsanwaltschaft und der Vorinstanz angenommen wurde. Gestützt auf die erwähnten Umstände lag die Annahme eines Vorsatzdeliktes (eventualvorsätzliche Sachbeschädigung) ähnlich nahe wie die Bejahung einer fahrlässig begangenen Sachbeschädigung. Ohne dem Strafrichter vorzugreifen, kann damit von einem klarerweise straflosen Verhalten im Sinne der Erwägungen des angefochtenen Entscheids in Bezug auf die Sachbeschädigung nicht gesprochen werden. Eine Einstellung darf nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Ein solcher liegt aber in Bezug auf das vorgeworfene Delikt nicht vor, weshalb die Einstellung des Verfahrens in diesem Punkt nicht mit dem Grundsatz “in dubio pro duriore” vereinbar ist und die diesbezügliche Rüge begründet ist (E. 4.5).
Ich weiss nicht wie klug es ist, wenn das Bundesgericht wie hier immer wieder Strafverfahren durchsetzt, welche die zuständigen Behörden bereits als sinnlos qualifiziert hatten. Erfahrungsgemäss werden sie ja dann doch eingestellt. Dass dies leichtfertig erfolgen würde, wäre mir jedenfalls ganz neu.
Als Laie habe ich keine Übersicht über Verfahrenseinstellungen, aber die Begründung des Bundesgerichts leuchtet insofern ein, dass erst nach Eröffnung eines Verfahrens ersichtlich werden kann, ob strafbares Verhalten vorliegt und nicht gemäss Erledigungsmaxime verfahren werden sollte?