Dauer einer Kontensperre
Die Beschlagnahme von Forderungen gegenüber Banken (Kontensperre) ist unter Umständen selbst dann noch rechtmässig, wenn sie über 13 Jahre dauert.
Zu diesem Schluss kommt – in einem Rechtshilfeverfahren zugunsten Deutschlands – das Bundesstrafgericht (BStGer RR.2017.243-244 vom 14.12.2017). Relevant war dabei auch, dass der Beschwerdeführer offenbar acht Jahre lang untergetaucht war (wobei mir jetzt nicht klar ist, wieso die Verzögerung ausschliesslich darauf zurückzuführen sein soll):
Den Beschwerdeführern ist beizupflichten, dass die Kontosperre mehr als
13 Jahre und damit bereits lange dauert. Wie im letzten Beschwerdeentscheid bereits erläutert, ist zwar zu beachten, dass auch eine mehrjährige Beschlagnahme in zeitlicher Hinsicht in komplexen Fällen als mit der verfassungsmässig geschützten Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) und dem Beschleunigungsgebot (Art. 29 Abs. 1 BV) noch als vereinbar gilt. So hat das Bundesgericht etwa im Zusammenhang mit der Rückführung an die Philippinen von Vermögenswerten, welche sich Ferdinand Marcos, seine Angehörigen und ihm nahe stehende Personen mutmasslich unrechtmässig angeeignet hatten, bezüglich einer Vermögenssperre von mehr als 15 Jahren eine Verletzung der Eigentumsgarantie und des Beschleunigungsgebots verneint (BGE 126 II 462 E. 5e S. 470; vgl. dazu auch die Urteile …). Das Bundesstrafgericht hat in einem Entscheid TPF 2007 124 vom 29. Oktober 2007 betreffend die Rechtshilfe an Mexiko im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Clan Salinas entschieden, dass eine vor zwölf Jahren angeordnete Vermögenssperre aufrecht zu erhalten sei. Die deutsche Strafuntersuchung ist im Hinblick auf die Komplexität, Schwierigkeit und Dimension der Ermittlungen mit den “politischen” Fällen Marcos und Salinas aber nicht direkt vergleichbar. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer (act. 13) und wie die Beschwerdegegnerin zu Recht hervorhebt (act. 8 S. 2 und 4), ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass mit Bezug auf die ersten 8 Jahren die Verfahrensverzögerung ausschliesslich auf das Verhalten des Beschwerdeführers 2 zurückzuführen ist, welcher sich dem Strafverfahren im Jahre 2003 durch Flucht entzog (s. dazu im Einzelnen zitierten Entscheid RR.2012.242-243, E. 4.4). Daher erscheint es vorliegend in einer Gesamtbetrachtung als gerechtfertigt, die lange Dauer der Kontosperre zu relativieren. Unter Berücksichtigung aller Umstände erweist sich die Kontosperre daher noch als verhältnismässig und ist aufrecht zu erhalten. Die Beschwerde ist nach dem Gesagten als unbegründet abzuweisen (E. 4.4. Hervorhebungen durch mich).
Das Beschleunigungsgebot wurde hier offenbar durch die ersuchenden deutschen Behörden verletzt, weshalb das Bundesstrafgericht den Mahnfinger hebt:
Zu betonen bleibt, dass das Beschleunigungsgebot auch dann verletzt wird, wenn die Strafbehörden keine Fehler begangen haben. So vermag die ungenügende Gerichtsorganisation, namentlich eine Überlastungssituation, sie nicht zu entlasten (vgl. BGE 130 IV 54 E. 3.3.3 S. 57; sowie Karpenstein/ Mayer, EMRK Kommentar, 2. Aufl., München 2015, N. 81 ff. zu Art. 6). Je länger die Verfahrensverzögerung vorliegend auf eine Überlastung des deutschen Gerichts zurückzuführen ist, desto weniger vermag ein solcher Grund mit Blick auf die Eigentumsgarantie und das Beschleunigungsgebot die nunmehr seit 13 Jahren andauernde Kontosperre noch lange zu rechtfertigen. Nicht nur die ausführende Behörde, sondern auch das BJ als Aufsichtsbehörde sind deshalb gerufen, die ersuchende Behörde dringend auf diesen Umstand sowie auf die gegebenenfalls in einem nächsten Schritt anzusetzende Befristung der Kontosperre durch die ersuchte Behörde aufmerksam zu machen. Die ausführende Behörde und das BJ bleiben darüber hinaus nach wie vor verpflichtet, den Fortgang des Straf- bzw. Einziehungsverfahrens im ersuchenden Staat aufmerksam zu verfolgen und sich entsprechend bei der ersuchenden Behörde zu erkundigen (E. 4.4. Hervorhebungen durch mich).
Es ist immer wieder erstaunlich, wie weit die Schweiz Eingriffe in die Rechte von Personen geht, um ihre völkerrechtlichen Pflichten zu erfüllen.