Dauerbrenner Replikrecht

Das Bundesgericht kassiert weider einmal ein Urteil wegen Verletzung des Replikrechts (BGer 1B_728/2011 vom 13.01.2012).

[Dir Vorinstanz] hat dem Anwalt des Beschwerdeführers die Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft vom 21. November 2011 mit “Kurzbrief” vom 23. November 2011 zugesandt. Dabei hat sie die Kästchen “zur Kenntnisnahme” bzw. “zu ihren Akten” angekreuzt, nicht dagegen das Kästchen “Stellung nehmen bis” (act. 14). Sie hat dem Anwalt die Vernehmlassung somit nicht zur Replik zugestellt. Vielmehr musste der Anwalt aufgrund des Kurzbriefs davon ausgehen, eine Stellungnahme seinerseits sei nicht mehr erwünscht. Da die Vorinstanz den Anwalt nicht zur Replik eingeladen hat, hat sie ihm dafür auch keine Frist angesetzt, was sie nach der dargelegten Rechtsprechung hätte tun müssen (E. 2.4).

Dies allein hätte wohl noch nicht gereicht, um das Replikrecht als verletzt zu sehen. Indem die Vorinstanz aber am Tag nach der Zustellung der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft entschieden hat, hat sie zum Ausdruck gebracht, nicht auf eine allfällige Replik warten zu wollen:

Der Anwalt des Beschwerdeführers hat die Vernehmlassung nach seinen Angaben, welche die Vorinstanz nicht bestreitet, am 28. November 2011 erhalten. Am Tag darauf fällte die Vorinstanz den angefochtenen Beschluss, ohne dass sie dem Anwalt Gelegenheit zur Replik gegeben hätte und sich dieser hinreichend hätte äussern können. Damit hat sie den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt.

Zu dessen Gewährung hätte sie umso mehr Anlass gehabt, als sie im Gegensatz zum Zwangsmassnahmengericht die Untersuchungshaft nicht auf den Haftgrund der Fluchtgefahr, sondern auf jenen der Kollusionsgefahr stützte und sie dabei den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in der Vernehmlassung im Wesentlichen folgte (E. 2.4)

Bemerkenswert ist im Übrigen ein obiter dictum zu “Unsitte”, dass sich der Haftrichter oft nur zu einem besonderen Haftgrund äussert und das Vorliegen weiterer Haftgründe offen lässt. Das Bundesgericht erachtet dies zwar als zulässig, wohl aber nicht immer als sinnvoll:

Erscheint ein angenommener Haftgrund diskutabel, kann es sich mit Blick auf die Prozessökonomie und den besonderen Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen (Art. 5 Abs. 2 StPO) allerdings aufdrängen, dass sich ein Gericht zu zusätzlichen Haftgründen äussert. So kann gegebenenfalls verhindert werden, dass die Rechtsmittelinstanz, wenn diese einen Haftgrund verneint, die Sache an es zurückweisen muss zur Prüfung, ob ein anderer gegeben sei (vgl. Art. 397 Abs. 2 StPO, Art. 107 Abs. 2 BGG) [E. 2.7].