Dawn Raid nach Übertretungsverdacht

Der wohl nicht ganz legal begründete Verdacht eines “Field Agent” von Billag AG kann zu einem langwierigen Übertretungsstrafverfahren (Widerhandlung gegen Art. 101 RTVG) mit Zwangsmassnahmen führen.

Ein neuer Abschreibungsbeschluss des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, gibt einen Eindruck über solche Verfahren und den Stellenwert der Unverletzlichkeit der Wohnung (BStGer BV.2013.17 vom 17.10.2013). Indem der Beschwerdeführer seine Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung (Art. 48 VStR) zurückzog, verhinderte er wohl ein Nichteintreten (fehlendes Rechtsschutzinteresse nach bereits erfolgter Durchführung der Zwangsmassnahme). Nach meiner Meinung und Erfahrung besteht in der Schweiz kein hinreichender Rechtsschutz gegen Hausdurchsuchungen, obwohl Art. 8 i,V.m. Art. 13 EMRK genau dies eigentlich garantieren würde.

Hier ein paar Zitate aus dem Entscheid, der die beinahe kafkaesk anmutende Praxis zeigt:

Ein Kontrolleur der Billag AG besuchte A. am 27. November 2012, 19.55 Uhr, wobei er nicht in die Wohnung gelassen wurde. Gemäss Protokoll bestätigte A. dabei im Gespräch, einen PC mit Internet sowie ein Smartphone zu besitzen. Der Kontrolleur sah durch die offene Wohnungstür zwei Flachbildschirme (Urk. 1).

Im Rahmen der “Vorabklärungen” bestätigte das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich dem Bakom am 5. April 2013 rechtshilfeweise, dass A. nicht als Halter von Motorfahrzeugen aufgeführt sei (Urk. 2)

Der untersuchende Beamte des Bakom unternahm am 17. Juli 2013 einen eigenen Kontrollversuch, ohne Zutritt zur Wohnung zu erhalten. A. beschwerte sich bei diesem Anlass über die Kontrolle der Billag AG (Urk. 5). Tags darauf eröffnete das Amt eine Strafuntersuchung wegen einer Widerhandlung gegen Art. 101 RTVG (Busse bis Fr. 5’000.–; Urk. 6).

Das Bakom erliess ebenfalls am 18. Juli 2013 eine Verfügung, worin sie die Anbieter von drahtgebundenen sowie mobilen Fernsehangeboten zur Auskunft verpflichtete. Weder B., C. noch D. konnten aktuelle Vertragsbeziehungen melden. E. GmbH bestätigte, dass A. ein Digital-TV-Angebot beziehe. Das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich bestätigte dem Bakom am 18. Juli 2013, dass weder A. noch sein Einzelunternehmen ein Motorfahrzeug hielten (Urk. 7). Am 23. August 2013 gelangte das Bakom mit Fragen bezüglich Wahrnehmungen bei und Ablauf der Kontrolle an den Kontrolleur (“Field Agent”) der Billag AG. Die ausführliche Antwort traf am 11. September 2013 ein (Urk. 8).

 

A. beschwerte sich gleichentags schriftlich über die Hausdurchsuchung, den unverhältnismässigen Einsatz mit vier Beamten und die Verletzung seiner Privatsphäre. Er verlangt eine Entschuldigung und die Einstellung aller Verfahren gegen ihn (Urk. 12, act. 1). A. telefonierte am 4. Oktober 2013 mit dem untersuchenden Beamten des Bakom und teilte danach mit E-Mail vom gleichen Tag mit: “Die Beschwerde gegen die Durchsuchung hat sich in diesem Fall erledigt.” (Urk. 14).