Dealende und nun auch renitente Oberrichter

Bereits zum zweiten mal im selben Fall hebt das Bundesgericht ein Urteil des Kantonsgericht St. Gallen wegen zu milder Bestrafung eines Vergewaltigers auf.

Im ersten Entscheid gelangte das Kantonsgericht zu einem Strafmass von 18 Monaten bedingt, was das Bundesgericht als zu milde korrigieren wollte (Urteil 6S.300/2004 vom 16.02.2005; vgl. dazu meinen früheren Beitrag über dealende Richter).

Im zweiten Anlauf kam das Kantonsgericht kam das Kantonsgericht erstaunlicherweise wieder zum selben Ergebnis: 18 Monate bedingt. Auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft hin stellte das Bundesgericht (Urteil 6S.85/2006 vom 27.06.2006) abschliessend fest:

Die Vorinstanz hat diese offensichtlich vom gewünschten Ergebnis einer bedingten Freiheitsstrafe her begründet und damit Art. 63 StGB verletzt. Sie hat überdies die Strafe mehrfach bundesrechtswidrig gemildert bzw. gemindert sowie erneut eine unhaltbar milde, den bedingten Strafvollzug gerade noch zulassende Strafe ausgesprochen. Der angefochtene Entscheid ist im Strafpunkt aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen (E. 2.6).

Das Verhalten des Kantonsgerichts ist insofern verständlich, als sein Referent dem Beschwerdegegner eine bedingte Strafe praktisch in Aussicht gestellt hatte, wenn er gestehen und zahlen würde. Nachdem der Beschwerdegegner gestanden und gezahlt hatte, musste sich das Kantonsgericht ja fast daran halten.

Wenn ich es richtig sehe, wird das Kantonsgericht sein “Versprechen” tatsächlich auch einhalten können, wenn es nun zum dritten Mal entscheiden muss. Die Rettungsleine dürfte der neue AT StGB darstellen, der in ein paar Monaten in Kraft treten wird.

Nur am Rande sei erwähnt, dass der Beschuldigte als unterlegener Beschwerdegegner für jeden Gang der Staatsanwaltschaft ans Bundesgericht sowohl die Gerichtskosten als auch seine Anwaltskosten bezahlen muss. Das ist zwar gesetzeskonform, erscheint aber als stossend.