Höchstrichterlicher Denkfehler?

Wird ein Mobiltelefon beschlagnahmt (oder vorläufig sichergestellt), kann es ohne richterliche Bewilligung ausgewertet werden. Dies gilt dann auch für die auf dem Gerät gespeicherten Verbindungsdaten, die im Bereich der geheimen Überwachung Art. 273 StPO unterstellt sind. Diese Praxis bestätigt das Bundesgericht in BGer 1B_131/2015 vom 30.07.2015.

Das heisst nicht, dass der Betroffene völlig schutzlos wäre. Der Schutz beschränkt sich aber auf die bescheidenen Argumente, die in einem Entsiegelungsverfahren vorgetragen werden können. Wie bescheiden sie sind, zeigt der hier erwähnte Entscheid des Bundesgerichts, dem bei der Interessenabwägung ein Denkfehler unterläuft, der die Erfolgschancen zum Vornherein zerstört:

Sein blosses Parteiinteresse als Beschuldigter, dass möglichst wenig belastendes Beweismaterial gegen ihn erhoben werde, begründet kein gesetzliches Entsiegelungshindernis (E. 5.2.1).

Damit offenbart das Bundesgericht, dass es aus der Verfolgungsperspektive urteilt. Es scheint zu glauben, die Siegelung müsse sich gegen belastendes Beweismaterial richten. Es verkennt m.E., dass auch Betroffene, die nichts zu verbergen haben, Geheimhaltungsinteressen haben.