Depotauszug ist keine Urkunde
KunzOBlog weist auf einen neuen Entscheid des Bundesgerichts zum Urkundenstrafrecht hin, der zur Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehen ist (6S.156/2006 vom 24.11.2006). Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich erfolglos angefochten. Sie hatte dem Freigesprochenen vorgeworfen, durch das Hinauftreiben des Kurses bestimmter Aktien bewirkt zu haben, dass in den Nostrokonten der Bank und in den Depotverzeichnissen der Bankkunden Aktienkurse verzeichnet wurden, die nicht der wirtschaftlichen Situation entsprochen hätten.
Bezüglich der Depotauszüge kommt das Bundesgericht zu folgendem Schluss:
Die Angabe von Börsenkurswerten in den Depotauszügen erlaubt von vornherein keine Aussageüber den inneren Wert einer Effekte, weil die Kurse nicht den wahren Wert wiedergeben und sich ein solcher auch gar nicht genau feststellen lässt. Der Kurs eines Wertpapiers bildet den Börsen- oder Marktpreis ab, der je nach Angebot und Nachfrage ständig Schwankungen unterworfen ist. Der im Depotauszug aufgeführte Kurs besagt nichts anderes, als dass die Effekte am angeführten Datum zum angegebenen Kurs gehandelt worden ist. Ob dieser Kurs vom Markt getragen ist oder – wie im zu beurteilenden Fall – durch künstliche Eingriffe in den Preisbildungsprozess verfälscht wurde, bleibt dabei ohne Bedeutung. Der Depotauszug bezeugt nur, dass die Effekte zum genannten Wert gehandelt wurde (E. 4.2).
Dem Depotauszug fehlt es damit bezüglich des wirklichen Werts der Effekten an der Beweiseignung und damit an der Urkundenqualität. Das konnte von der Buchhaltung natürlich nicht behauptet werden. Dennoch schützte das Bundesgericht den Freispruch auch in diesem Punkt, weil die Buchhaltung im Ergebnis nicht verfälscht wurde:
Art. 667 OR sieht vor, dass Wertschriften mit Kurswert höchstens zum Durchschnittskurs des letzten Monats vor dem Bilanzstichtag bewertet werden dürfen. Auch wenn die Banken nach den vorinstanzlichen Feststellungen offenbar teilweise nach dem Kurs am Stichtag bewerten, so gilt dies nur für einfache und unproblematische Fälle. Die Revisionsstelle der A. Gruppe erklärt im Schreiben vom 4. Februar 2005, die Schlusskurse am Bilanzstichtag würden nur bei liquiden Titeln ohne vertiefte Abklärungen als Bewertungsgrundlage akzeptiert. Im vorliegenden Fall habe die A. Gruppe selber wegen des überhöhten Schlusskurses der B.-Namenaktien eine Wertberichtigung von CHF 5 Mio. vorgenommen, was sie als vertretbar angesehen habe. Aus dem erwähnten Schreiben ergibt sich weiter, dass der Schlusskurs der B.-Namenaktie lediglich den Ausgangspunkt für die Bewertung in der Konzernrechnung bildete, aber gerade keine definitive Bewertung darstellte. Somit wurde auch die Buchführung nicht verfälscht (E. 4.2).