Der Aargau und die amtliche Verteidigung
Nach meiner Erfahrung gibt es keinen Kanton, der mit der Gewährung der amtlichen Verteidigung restriktiver ist als der Aargau. In einem aktuellen Fall greift das Bundesgericht wieder einmal korrigierend ein (BGer 1B_654/2020 vom 22.03.2021) und zerlegt die Argumentation der Vorinstanz, etwa mit folgender Erwägung:
Weshalb der Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Lage war, selbst einen Rechtsanwalt zu mandatieren, für seine Fähigkeit sprechen sollte, sich im Justizsystem der Schweiz zurechtzufinden, ist nicht ersichtlich. Die vorinstanzliche Argumentation überzeugt umso weniger, als der Beschwerdeführer zuvor von den Strafverfolgungsbehörden (in Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflicht nach Art. 158 Abs. 1 lit. c StPO) auf das Recht, eine Verteidigung zu bestellen oder gegebenenfalls eine amtliche Verteidigung zu beantragen, aufmerksam gemacht worden war (vgl. auch Urteil 1B_66/2015 12. August 2015 E. 2.5) [E. 2.5].
Der Vorinstanz scheint wirklich kein „Argument“ zu schade zu sein.
Das Argument der Vorinstanz ist geradezu absurd und damit mutwillig. Hat es persönliche Folgen für die verantwortlichen kantonalen Richter? Natürlich nicht. Nicht einmal ihre Namen erfährt man. Deshalb können sie sich (fast) alles erlauben. Das ist der Kern des Problems in der Justiz.
Ja, fehlende zivil- und/oder strafrechtliche Verantwortlichkeit ist das Hauptproblem unserer Justiz. Die Regierung oder noch besser wir – der Souverän – sollten sofort die fehlbaren Richter bestrafen. Nur so können wir erreichen, dass unsere Richter unabhänig und nur dem Recht verpflichtet sind. Fehlurteile wären damit ein Relikt der Vergangenheit.
Ich weiss nicht, was sich das Obergericht des Kantons Aargau hier überlegt hat. Es ist doch deren Hobby, das amtliche Honorar mit einer völlig sinnfreien Begründung zu kürzen – wenn keine amtliche Verteidigung bestellt wird, wo bleibt denn dann der Spass?