Der Bundesanwalt und das Recht
Nach Auffassung des Bundesanwalts scheint die Bundesanwaltschaft eine politische Behörde zu sein, welcher das Recht in erster Linie als Hindernis in ihrem weltweit zu führenden Kampf gegen den internationalen Terrorismus erscheint.
So interpretiere ich die folgende Aussage aus einem jüngst geführten Interview mit der NZZ:
Laut Bundesstrafgericht ist die Bundesanwaltschaft nur für in der Schweiz begangene Taten zuständig. Damit aber wird es unmöglich, Fälle von Cyberkriminalität im abgekürzten Verfahren zu behandeln und in diesem Rahmen Delikte zu berücksichtigen, die im Ausland verübt wurden. Cyberkriminelle denken nicht in territorialen Kategorien – sie agieren im Netz. Müssen wir uns auf ein ordentliches Verfahren mit allen Verteidigungsrechten und auf im Inland begangene Tathandlungen beschränken, beschneidet das unsere Möglichkeiten stark. Und wenn jedes Land nur bei Tathandlungen im eigenen Land aktiv wird, hat die Justiz im Kampf gegen Cyberkriminalität keine Chance.
Eigentlich wollte ich dazu noch was schreiben, aber mir fällt nichts mehr ein.
Sehr geehrter Herr RA Jeker
In diesem Verfahren geht es nicht um Terrorismus – sondern Cyberkriminalität. Auch meine bisherige Erfahrung zeigt, dass bei dieser Form von Kriminalität grosser Schaden entsteht und eine Strafverfolgung bereits aktuell und zunehmen noch verstärkt nicht möglich ist ohne intensive internationale Kooperation. Dies kann nicht im Sinne der Justiz, Politik und der Bevölkerung sein. Die Gerichte sollten sich diesem Wandel m.E. deshalb dringend anpassen.
Beste Grüsse
Auch wenn es bloss um Cybercrime geht: Der BA glaubt offenbar, er müsse sich im abgekürzten Verfahren nicht an das geltende Recht halten. Wenn die rechtlichen Grundlagen angepasst werden müssten, dann kann man dies tun, aber bitte über den Gesetzgeber und nicht über die Staatsanwaltschaft, die eine Verwaltungsbehörde ist.
Aber: Tatsache ist, dass die gesetzlichen Grundlagen bestehen und auch ausreichen, um grenzüberschreitende Kriminalität zu verfolgen. Cybercrime ist in diesem Sinne kein neues Phänomen. Ich mag die (billige) Ausrede der Strafverfolger, dass die gesetzlichen Grundlagen nicht genügten, nicht hören.
Begehungsort ist gemäss Art. 8 Abs. 1 StGB nicht nur der Ort, wo jemand etwas tut oder unterlässt, sondern auch, wo der Erfolg (dieses Tun oder Unterlassens) eintritt. Insofern besteht ja relativ schnell mal ein Anknüpfungspunkt, wenn ein Delikt etwas mit der Schweiz zu tun hat. Und wenn es das nicht hat, weil jemand ein Delikt ausschliesslich im Ausland begeht und auch der Erfolg nur dort eintritt, wieso sollte dann die schweizerische Bundesstaatsanwaltschaft (abgesehen von einzelnen Ausnahmen) überhaupt zuständig sein? Sie kann ja allfällige Beweismittel für ausländische Delikte an die jeweils zuständige ausländische Staatsanwaltschaft weiterleiten. Die USA mag “Weltpolizist” sein, aber die Schweiz bzw. Herr Lauber ist doch nicht “Weltstaatsanwalt”.