Der Rechtsschutz des amtlichen Verteidigers auf Festlegung seiner Entschädigung

In Fünferbesetzung kassiert das Bundesgericht ein Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, das auf eine Beschwerde eines amtlichen Verteidigers nicht eingetreten und damit in Rechtsverweigerung verfallen ist (BGer 1B_38/2013 vom 18.06.2013). Ausgangspunkt war ein kantonaler Zuständigkeitswechsel, welche den amtlichen Verteidiger zur Abrechnung mit dem vormals zuständigen Kanton veranlasst hat.

Mit der Beschwerde gegen die Kürzung des Honorars mochte sich die Vorinstanz nicht befassen, wird nun aber eines Besseren belehrt:

Die Vorinstanz übersieht jedoch, dass der (Teil-) Kostenentscheid in Rechtskraft erwächst, falls dem amtlichen Verteidiger die Beschwerdebefugnis mangels Rechtsschutzinteresses abgesprochen wird. Zudem würde die Auslegung der Vorinstanz eine bundesrechtswidrige Komplizierung und Erschwerung des Rechtsschutzes nach sich ziehen: Nach der zuständigkeitshalber erfolgten Verfahrensabtretung während des Vorverfahrens hätte zunächst die Staatsanwaltschaft des erstbefassten Kantons über die Teil-Entschädigung entschieden. Dieser Kostenentscheid wäre -entgegen der Regelung von Art. 135 Abs. 3 lit. a StPO – nicht mit StPO-Beschwerde anfechtbar und würde in Rechtskraft erwachsen. Erst nach Abschluss des abgetretenen Strafverfahrens könnte der amtliche Verteidiger, der mit dem partiellen Kostenentscheid nicht einverstanden ist, an jene Behörde des zweitbefassten Kantons gelangen, welche den verfahrensabschliessenden Entscheid fällt. Diese Behörde hätte dann nachträglich nochmals über die (bereits rechtskräftig entschiedene) Teil-Entschädigung zulasten des erstbefassten Kantons zu befinden. Ein derart komplizierter und sachwidriger Prozessweg widerspricht dem in Art. 135 StPO verankerten Anspruch des amtlichen Verteidigers auf wirksamen Rechtsschutz bei der Festlegung seiner Entschädigung (vgl. auch Art. 29 Abs. 1 und Art. 29a i.V.m. Art. 29 Abs. 3 BV). Im Übrigen verkennt die Vorinstanz, dass Art. 135 Abs. 2 StPO nicht von einem förmlichen Abschluss des (Vor-) Verfahrens (im Sinne von Art. 318 StPO) spricht, sondern von dessen „Ende“, worunter auch die (partielle) Verfahrenserledigung im erstbefassten Kanton nach erfolgter Verfahrensabtretung fallen kann (E. 3, Hervorhebung durch mich).

Der amtliche Verteidiger hat also Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz bei der Festlegung seiner Entschädigung, der sich auch direkt auf die Verfassung stützen lässt (Art. 28 Abs. 1 sowie 29a i.V.m. Art. 29 Abs. 3 BV)? Jedenfalls führt dann zu folgender Regelung, die das Bundesgericht ergänzend festhält:

In Fällen wie dem vorliegenden hat die kantonale StPO-Beschwerdeinstanz die Beschwerde gegen den angefochtenen partiellen Kostenentscheid (für die Entschädigung im bereits erledigten Untersuchungsverfahren) entgegen zu nehmen und materiell zu prüfen ( Art. 135 Abs. 2 und Abs. 3 lit. a StPO; vgl. auch Ziffer 1 des Merkblattes vom 13. September 2011 der Konferenz der Strafverfolgungsbehörden der Schweiz [KSBS] zur Behandlung amtlicher Mandate bei interkantonalen Verfahrensabtretungen). Dies drängt sich umso mehr auf, als die Justizbehörden des erstbefassten Kantons am besten abschätzen können, welcher Aufwand des amtlichen Verteidigers im fraglichen Untersuchungsverfahren entschädigungspflichtig erscheint, und sie bei der Festlegung der betreffenden einschlägigen Entschädigung ihren eigenen kantonalen Anwaltstarif anwenden. Ergänzend ist auch auf Art. 39 Abs. 2 StPO hinzuweisen, der die kantonalen Behörden zu Koordinations- und Einigungsbemühungen bei interkantonalen Zuständigkeits- und damit zusammenhängenden Abrechnungsfragen verpflichtet.