Der schubladisierte Täter
Brigitte Hürlimann stellt in der NZZ den neusten Wurf der Strafvollzugsbehörden in den Kantonen Zürich. Luzern, St. Gallen und Thurgau vor: ROS.
ROS steht für risikoorientierten Sanktionenvollzug und hat angeblich zum Ziel, Rückfallrisiken von Straftätern zu erkennen. Zuerst wird jeder Täter gescreent (die schlimmsten sind bekanntlich die auf den ersten Blick Harmlosen), dann einer Risikobeurteilung unterzogen. Dann wird der Vollzug geplant und der Vollzugsverlauf mit einem Fallverantwortlichen geregelt, bei dem alle Informationen zusammenlaufen (und der wie bisher alle paar Monate wechselt, weil er eine Weiterbildung macht, Kinder kriegt, die Stelle wechselt oder in die Anden auswandert).
In Tat und Wahrheit geht es ja aber nicht um möglichst zielführenden Sanktionenvollzug, sondern um weitere Verwässerung und von Verantwortlichkeiten von Menschen an schematisierte Prozesse, für die niemand wirklich etwas kann. Und weil eine kleine persönliche Restverantwortung dann doch einmal zur Diskussion stehen könnte, wird ROS dazu dienen, Gründe für die Verhinderung von Entlassungen in die Freiheit zu konstruieren.