Der verfassungsmässige Richter
Wahrscheinlich ist die Schweiz einfach zu klein, um wirklich unabhängige, nicht vorbefasste Richter garantieren zu können. Das jedenfalls ist der Eindruck, den man aus einem neuen Urteil des Bundesgerichts (BGer 1B_252/2016 vom 14.12.2016 vom 14.12.2016, Fünferbesetzung) gewinnen muss.
Darin lässt es das Bundesgericht zu, dass ein Richter in einem Berufungsverfahren mitwirkt, der zuvor schon in einem konnexen Verwaltungsgerichtsverfahren tätig gewesen war. Nicht einmal ein in der Urteilsbegründung enthaltener völlig unnötiger Frontalangriff gegen den Betroffenen (gemäss Bundesgericht richtete sich der Vorwurf gegen den damaligen Anwalt), bewirkte den Anschein der Befangenheit. Hier ein paar bemerkenswerte Zitate aus dem Urteil des Bundesgerichts:
Oberste Richtschnur für die Ausgestaltung des Besuchsrecht ist immer das Kindeswohl, das anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen ist (…). Im vorliegenden Fall war es unvermeidlich, die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Straftat – wenngleich noch nicht rechtskräftig beurteilt, worauf das Verwaltungsgerichtsurteil auch ausdrücklich hinweist – bei der Prüfung des Kindeswohls zumindest miteinzubeziehen (E. 3.3).
Das mag ja sein, aber genau das begründet ja die Vorbefasstheit Das Bundesgericht begründet das Gegenteil nicht, bzw. mit folgender Feststellung:
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers begründet die vom Verwaltungsgericht umfassend vorgenommene Würdigung der entscheidwesentlichen Elemente (darunter des Strafurteils, das aufgrund der Umstände zwangsläufig zu berücksichtigen war) betreffend das Kindeswohl keine Voreingenommenheit des Beschwerdegegners (E. 3.3).
Nun gabe es aber eben noch den oben erwähnten Frontalangriff, der sich aber nur gegen den Anwalt richtete:
Entscheidend ist, dass sich die Kritik des Verwaltungsgerichts klarerweise gegen die ihrer Auffassung nach zynische Argumentation des Rechtsbeistands im verwaltungsgerichtlichen Verfahren richtete, nicht aber gegen den Beschwerdeführer selber. Die Erwägungen des verwaltungsgerichtlichen Urteils enthalten kein Werturteil über diesen und auch keine Würdigung der Straftat oder dessen persönliche Verfassung bei Begehen der Straftat. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers kann insoweit keine Rede davon sein, dass dieser durch den Beschwerdegegner bereits persönlich “abqualifiziert” wurde. Wie die Vorinstanz zutreffend hervorhebt, liegen somit – objektiv betrachtet – kei ne Äusserungen oder andere Hinweise vor, die auf eine Befangenheit des Beschwerdegegners schliessen lassen würden (E. 3.4).
Wieso man solche vorprogrammierten Konflikte nicht einfach vermeiden kann, verstehe ich nicht. Haben wir wirklich nicht genügend Richter?
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