Der Verteidiger als verfahrensbeteiligte (und kostenpflichtige) Person

Die Anklagekammer des Kantons St. Gallen (AK.2011.4 vom 01.03.2011) hat die Rechtsprechung zur Schweizerischen Strafprozessordnung bereichert, indem sie in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichts einen Weg gefunden hat, die Verfahrenskosten nicht dem Beschwerdeführer, sondern direkt der Verteidigung aufzuerlegen. Der zu beurteilende Fall betraf eine offensichtlich unzulässige Beschwerde, die der Anwalt eingereicht und wieder zurückgezogen hatte.

Obwohl der Parteivertreter nicht Verfahrensbeteiligter im Sinne von Art. 104 f. StPO ist, kann er gemäss neuer Lehre und Rechtsprechung kosten- und entschädigungspflichtig werden, wenn er durch Verfahrensfehler, die mit einem Minimum an Vorsicht vermeidbar gewesen wären, unnötige Kosten verursacht hat. Der Parteivertreter wird dann Dritter im Sinne von Art. 105 Abs. 1 lit. f. StPO (Viktor Lieber, in: Andreas Donatsch/Thomas Hansjakob/Viktor Lieber (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), Zürich 2010, N 4 zu Art. 417). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist Voraussetzung für die (ganze oder teilweise) Kostenauflage an andere Verfahrensbeteiligte ein prozessuales Verschulden bzw. dass die Unzulässigkeit des Rechtsmittels oder Verfahrensschrittes bei einem Minimum an Sorgfalt sofort erkennbar war (BGE 129 IV 206 = Pra 92 [2003] Nr. 204 E.2).

Dritter im Sinne von Art. 105 Abs. 1 lit. f StPO ist, wer durch Verfahrenshandlungen beschwert ist. Damit meint der Gesetzgeber ja wohl kaum den Verteidiger. Abgesehen davon kann die Kostenauflage nach Art. 417 StPO nur verfahrensbeteiligten Personen auferlegt werden, die sie verursacht haben. Wenn der Verteidiger nicht durch Verfahrenshandlungen beschwert ist, kann er auch nicht kostenpflichtig werden.

Ich verstehe nicht, wieso man solche Konstruktionen baut, nur um der Verteidigung eine Lektion zu erteilen und zivil- und aufsichtsrechtliche Fragen zu präjudizieren. Dass der Mandant gegen seinen Anwalt Schadenersatzansprüche geltend machen kann, wenn er ihm durch unsorgfältige Mandatsführung Kosten verursacht, ist sicher richtig und notwendig. Nicht richtig ist m.E. aber, dass die Gerichte ungefragt in das Mandatsverhältnis eingreifen.