Die Bundesanwaltschaft als Justizbehörde?

In einem heute im Jusletter (kostenpflichtig) erschienen Beitrag untersucht der Vize-Präsident des Bundesstrafgerichts die Dauerfrage nach der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft. Dabei versucht er zunächst zu klären, welcher Gewalt die Bundesanwaltschaft im neuen Strafverfolgungsmodell angehört und kommt dabei zu einem erstaunlichen Schluss. Noch erstaunlicher ist seine Begründung:

Die Durchführung von Strafverfahren ist eine eigentliche Kernaufgabe der Justiz. Im Staatsanwaltschaftsmodell II erbringt die Staatsanwaltschaft im Vorverfahren einen bedeutenden und unabdingbaren, vom Aufwand her der eigentlichen richterlichen Behörde ebenbürtigen Beitrag an dieses Verfahren der Justiz. In einzelnen Kantonen werden weit über 90 Prozent aller Fälle durch die Staatsanwaltschaft selbst abgeschlossen. Wer aber als staatliches Organ einen unabdingbaren und derart bedeutenden Beitrag an ein Verfahren der Justiz leistet, dies in einem justizförmigen Verfahren tut und in der überwiegenden Zahl der Fälle selbst und faktisch abschliessend richterähnlich entscheidet, kann nur dieser staatlichen Gewalt zugeordnet werden.

Bei der Aufsicht über die angebliche Justizbehörde Staatsanwaltschaft legt sich der Autor nicht fest. Er prüft eine Mischaufsicht (Exekutive mit administrativer, Judikative mit fachlicher Aufsicht), eine einheitliche Aufsicht durch eine Exekutivbehörde, durch die Judikative und schliesslich durch eine Behörde sui generis (bestehend aus Vertretern der Legislative, der Exekutive und der Judikative).

Schade bloss, dass sich der Autor mit den anderen Meinungen nicht auseinandersetzt. Hinweise auf diese findet man sogar auf meinem Blog (vgl. etwa oder hier).