Die Gedächtnislücke

NZZ kann auch SVG und berichtet heute über einen an sich eher banalen Fall, den eine aufwändige Verteidigung offenbar zum kapitalen Strafprozess mit staatsanwaltlichem Versagen machen wollte.

Den Sachverhalt stellt sie wie folgt dar:

Ein deutscher Universitätsprofessor kann sich nicht daran erinnern, wer am 2. August 2016, kurz vor 18 Uhr, seinen Porsche Cayenne lenkte. Das Auto soll damals im Zürcher Kreis 4 ungebremst auf einen Fussgänger zugefahren sein, der gerade mitten auf einem Fussgängerstreifen den Stauffacherquai überquerte. Nur mit einem Sprung zurück habe er sich in Sicherheit bringen können, erzählte der Mann der Polizei. Er rannte dem Porsche nach, konnte mit dem Smartphone eine Foto machen, auf welcher das Nummernschild erkennbar ist, und erstattete Strafanzeige.

Der Professor wusste aber nicht mehr, wer am 2. August 2016 seinen Porsche fuhr. Er verteidigte sich gleich mit zwei Anwälten, welche heftig (und erfolgreich) die Staatsanwaltschaft kritisierten:

Sie kritisierten den Staatsanwalt massiv. Für diesen wäre es ein Leichtes gewesen, von der Mobilfunkgesellschaft die Ortungsdaten des Handys des Professors anzufordern. Dann hätte sich die Frage nach dem Lenker geklärt. Da diese Daten laut Gesetz nur ein halbes Jahr aufbewahrt werden müssen, ist es für eine Erhebung nun zu spät. Die Nachlässigkeit des Staatsanwalts dürfe sich aber, so die Anwälte, nicht zulasten des Beschuldigten auswirken. Die Zeugenaussage des Fussgängers sei zudem als Beweismittel nicht verwertbar, und es stehe nicht fest, ob es tatsächlich das Auto des Professors gewesen sei. Es gebe perfekt gemachte Fälschungen von Nummernschildern.

Ergebnis:

Die Einzelrichterin sprach den Professor vom Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung frei und verurteilte ihn wegen fahrlässiger Übertretung des Verkehrsabgabengesetzes zu 300 Franken Busse. Ein Viertel der Gerichtskosten von 1200 Franken wurden ihm auferlegt, aufgrund des Freispruchs erhält er eine Entschädigung von 6000 Franken.

Das hätte man natürlich auch einfacher (und günstiger) haben können. Jetzt fühlt sich die Staatsanwaltschaft möglicherweise herausgefordert. Was mich übrigens noch interessiert hätte: wie begründet man eine fahrlässige Verletzung der Auskunftspflicht?