Die Grenzen der freien Anwaltswahl

In einem ausführlich begründeten Entscheid weist das Bundesgericht eine Beschwerde wegen Verletzung der freien Anwaltswahl ab (BGer 6B_468/2024 vom 15.01.2025). Das äussere Bild, das der Sachverhalt und insbesondere das Verhalten des Beschwerdeführers hinterlassen, machte die Sache nicht gerade einfach:

6.1. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde erneut auf die angebliche Befangenheit der das Berufungsverfahren führenden Oberrichterin Bezug nimmt, ist darauf nicht einzutreten. Aus seiner Beschwerde ergibt sich, dass diesbezüglich mit separatem Beschluss des Obergerichts vom 17. Januar 2024 befunden wurde. Dieser Beschluss wäre gemäss Art. 92 Abs. 1 BGG selbständig mit Beschwerde ans Bundesgericht anfechtbar gewesen. Da der Beschwerdeführer dies soweit ersichtlich unterlassen hat, ist seine diesbezügliche Rüge im vorliegenden Beschwerdeverfahren unzulässig (Art. 92 Abs. 2 BGG).  

6.2. Die Berufung nach Art. 398 ff. StPO ist grundsätzlich ein reformatorisches Rechtsmittel. Tritt das Berufungsgericht auf die Berufung ein, fällt es ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt (Art. 408 StPO). Nach Art. 409 Abs. 1 StPO hebt das Berufungsgericht bei wesentlichen, im Berufungsverfahren nicht heilbaren Mängeln das angefochtene Urteil ausnahmsweise auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an die Vorinstanz zurück. Die kassatorische Erledigung durch Rückweisung ist aufgrund des reformatorischen Charakters des Berufungsverfahrens die Ausnahme und kommt nur bei derart schwerwiegenden, nicht heilbaren Mängeln des erstinstanzlichen Verfahrens in Betracht, wo die Rückweisung zur Wahrung der Parteirechte, in erster Linie zur Vermeidung eines Instanzverlusts, unumgänglich ist. Dies ist etwa bei Verweigerung von Teilnahmerechten oder nicht gehöriger Verteidigung, bei nicht richtiger Besetzung des Gerichts oder bei unvollständiger Behandlung sämtlicher Anklage- oder Zivilpunkte der Fall (BGE 143 IV 408 E. 6.1).  

6.3. Wie von der Vorinstanz zurecht erwogen, war der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren gehörig verteidigt. Letzterer bringt denn auch explizit nicht vor, sein damaliger Vertreter (Rechtsanwalt E.) habe ihn nicht gehörig verteidigt. Er beschränkt sich auf die Rüge der Verletzung des Rechts auf freie Anwaltswahl. Diesbezüglich weist die Vorinstanz jedoch überzeugend darauf hin, dass auf Wunsch des Beschwerdeführers mehrere Anwaltswechsel stattgefunden haben, was dieser nicht bestreitet. Was eine (angebliche) Verletzung seines Wahlrechts anlässlich der Hafteröffnungsverhandlung vom 9. Januar 2021 anbelangt, verweist der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde selbst auf das Protokoll. Diesem zufolge erklärte sich der Beschwerdeführer (und damalige Beschuldigte) letztendlich mit der Verteidigung durch Rechtsanwalt E. einverstanden. Ersterer rügt dabei keine Unrichtigkeit des betreffenden Protokolls. Zudem ergibt sich aus den Akten, dass sich der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Anwaltswünsche reichlich volatil verhielt. Nachdem er im Berufungsverfahren zunächst geltend gemacht hatte, dass er kein Vertrauen zu Dr. F. (der ihm bereits als Nachfolger von Rechtsanwalt E. bestellt worden war) mehr habe, wurde Rechtsanwalt G. mandatiert. Später verlangte der Beschwerdeführer dann jedoch wieder nach Dr. F. Zurecht erkennt die Vorinstanz in diesem Verhalten subjektive Willkür und eine fehlende Objektivierbarkeit der an die Adresse seiner Verteidiger gerichteten Rügen des Beschwerdeführers. Letzterer beharrte zu diesem Zeitpunkt notabene nicht mehr auf seiner ursprünglichen Wunschverteidigerin, Rechtsanwältin Hazeraj.  

Wie von der Vorinstanz einleuchtend erwogen, ist zudem nicht ersichtlich, inwiefern sich die Präsenz eines unliebsamen Verteidigers auf allfällige Aussagen des Beschwerdeführers hätte auswirken sollen. Der vorinstanzliche Verdacht, wonach der Beschwerdeführer die erste Instanz mit seinem Verhalten habe erpressen wollen, erscheint vor diesem Hintergrund plausibel. Die Vorinstanz erachtet den Beschwerdeführers zurecht als gehörig verteidigt und ihr Fazit, wonach kein unheilbarer, wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne von Art. 409 Abs. 1 StPO vorliege, verletzt kein Bundesrecht. 

6.4. Weiter erweist sich auf die Rüge der Verletzung des Rechts auf freie Anwaltswahl (Art. 129 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK) als unbegründet.  

Der Beschwerdeführer blendet aus, dass die Voraussetzungen für eine notwendige Verteidigung von Beginn des vorliegenden Verfahrens an erfüllt waren (Art. 130 lit. b StPO). Da er im Zeitpunkt der Hafteröffnungsverhandlung keine (private) Verteidigung mandatiert hatte und augenscheinlich nicht über die dafür erforderlichen Mittel verfügte, war ihm in Anwendung von Art. 132 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 und lit. b StPO in Verbindung mit Art. 131 Abs. 1 und Abs. 2 StPO ein amtlicher Verteidiger zu bestellen. Auf Begehren des Beschwerdeführers hin erfolgten hernach mehrere Anwaltswechsel. 

Die in diesem Zusammenhang erfolgten Erklärungen des Beschwerdeführers erweisen sich im Übrigen (der Vorinstanz folgend) als subjektiv willkürlich und nicht objektivierbar. So gewährt Art. 133 Abs. 2 StPO kein bedingungsloses Recht auf einen jederzeitigen und beliebigen Wechsel der Verteidigung. Art. 129 Abs. 1 StPO und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK sind sodann in casu nicht einschlägig, hatte der Beschwerdeführer doch zu keinem Zeitpunkt einen erbetenen (privaten) Verteidiger mandatiert. Dies wäre ihm freilich jederzeit freigestanden. Die Möglichkeit, sich selbst zu verteidigen, wurde im vorliegenden Fall durch Art. 130 StPO eingeschränkt (vgl. Art. 129 Abs. 1 StPO). 

Die Beschwerde ist diesbezüglich abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.