Die Kosten des Verteidigers des Verteidigers
In einem Strafverfahren im Kanton Zürich nahm sich ein Verteidiger, dem vom Staatsanwalt eine Disziplinarmassnahme in Aussicht gestellt wurde, einen Verteidiger. Nachdem der drohende Staatsanwalt vom Obergericht in den Ausstand geschickt wurde, teilte der neue Staatsanwalt mit, er sehe hinsichtlich der angedrohten Disziplinarmassnahmen keine weiteren Schritte vor. Er weigerte sich aber, die Verteidigerkosten des Verteidigers zu entschädigen.
Das Obergericht wies die dagegen gerichtete Beschwerde ab. Vor Bundesgericht vergass der Verteidiger, die Beschwerdevoraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 BGG zu begründen (BGer 1B_127/2021 vom 22.12.2021). Ein höchstrichterlicher Entscheid in der Sache wäre interessant gewesen.
Ein Fehler.
Der Anwalt des Anwalts hätte einen Anwalt nehmen müssen. Und dieser auch ein Anwalt.
Die Richter könnten sich dann in ihrer Beamtenstube zurücklehnen und das perpetuum mobile beobachten, wie es sich immer weiter bewegt.
Der Entscheid ist für mich nicht ganz nachvollziehbar.
Das Bundesgericht verweist dabei auf ein Urteil, bei welchem dem Beschuldigten (und damit Verfahrenspartei) eine Ordnungsbusse auferlegt wurde. Da kann man ja noch nachvollziehen, dass es sich um einen Zwischenentscheid handelt.
Vorliegend wurde aber gegen den Verteidiger selbst (grundsätzlich keine eigene Partei im Strafverfahren) ein Verfahren wegen Disziplinierung mit Ordnungsbusse geführt. Insofern müsste dies doch ein separates Verfahren sein, was ein Endurteil darstellt? Sonst könnte er sich ja gar nicht vertreten lassen. Geht das Bundesgericht jetzt tatsächlich davon aus, dass man dies im weiteren Verfahren (des Beschuldigten) zu rügen hätte? Oder wie soll man das verstehen? Oder wenn nun der Staatsanwalt von der Verfahrensleitung eine Ordnungsbusse erhält, muss er dann tatsächlich dies mit dem Endentscheid anfechten?
@DS: Das sind in der Tat gute Fragen. Und es gibt noch weitere. Mir ist bspw. nicht einmal klar, nach welchen Regeln das Disziplinarverfahren abläuft.
Nachdem ich nun den Entscheid noch einmal gelesen habe, musste ich feststellen, dass auch noch auf einen älteren Entscheid verwiesen wird, wo Folgendes vermerkt wird:
“Man kann sich allerdings fragen, ob es beim Verfahren, mit dem einem Anwalt eine Disziplinarsanktion auferlegt wird, nicht um ein eigenständiges geht, und der vorinstanzliche Beschluss deshalb als Endentscheid anzusehen ist. Dies braucht jedoch nicht vertieft zu werden, da auf die Beschwerde in jedem Fall einzutreten ist (…)” (BGer 1B_321/2015,E. 1.4)
So klar ist es dann also doch nicht. Unter diesem Hintergrund, mit explizitem Verweis auf dieses Urteil, ist der Entscheid noch viel absurder.
@kj. Es handelt sich um eine ordnungsbusse i.s.v. art. 64 stpo. Es kann jede “person”, also nicht nur die parteien, damit sanktioniert werden. Also auch anwälte, zeugen, journalisten etc. Die betroffenen können dagegen beschwerde erheben. Die regeln sind also klar, nach welchen ein solches verfahren abläuft. Mir erschliesst sich allerdings auch nicht, warum es sich um einen zwischenentscheid handeln soll. Das bg scheint tatsächlich implizit davon auszugehen, dass der anwalt dies noch im strafverfahren seines mandanten rügen kann, was nicht sachgerecht erscheint. Ich denke, es wurde einfach nicht sauber zu ende gedacht und in der erledigungswut zu schnell abgehandelt. Vielleicht hat auch dazu beigetragen, dass es letztlich tatsächlich nicht zu einer disziplinierung kam und es nur noch um die kosten ging.
Dem Bundesgericht ist auch gar nichts mehr peinlich. Hauptsache, es kann auf Nicht-eintreten entscheiden. So praktisch.
Anscheinend hielt der beschwerdeführende Anwalt in der Beschwerde fest, es handle sich um einen Endentscheid (vgl. E. 1.2 “Es handelt sich mithin entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers um einen Zwischenentscheid”). Hiervon ging er wohl zu Recht aus. Dies bereits aus den von DJ und D. Isziplin genannten Gründen. Auf das vom Strafverfahrensausgang völlig unabhängig Ordnungsbussenverfahren sind denn auch die allgemeinen Vorschriften des Strafgesetzbuches nicht einmal anwendbar (vgl. Brüschweiler, Nadig, Schneebeli, SK zur StPO, N 1 zu Art. 64), aber vor allem betrifft das Ordnungsbussenverfahren vorliegend eben andere Parteien als das Strafverfahren. Somit bestand für den Anwalt gar kein Anlass, sich zum nicht wieder gutzumachenden Nachteil (als Voraussetzung für das Eintreten bei einem Zwischenentscheid) zu äussern, da es sich ja eben um einen Endentscheid handelte. Deshalb greift die Annahme im Titel, der Anwalt habe die Begründung vergessen, wohl zu kurz. Vielmehr entschied das Bundesgericht falsch, indem es dem Beschwerdeführer nicht folgte und den Entscheid als Zwischenentscheid qualifizierte.
ach was bin ich froh das wir in Litauen einen viel höheren Stellenwert bei unseren Obergerichten haben. So etwas undenkbar.