Die Macht der Anträge der Staatsanwaltschaft
Nach einem heute im Internet publizierten Urteil des Bundesgericht rechtfertigt die bisherige strafprozessuale Haftdauer von 28 Monaten wegen Fluchtgefahr keine Haftentlassung, obwohl das erstinstanzliche Urteil auf lediglich 44 Monate lautete (BGer 1B_211/2022 vom 18.05.2022). Das Bundesgericht argumentiert u.a. damit, dass die Staatsanwaltschaft in der Berufungsschrift 7 Jahre beantragt:
Im Lichte der einschlägigen Praxis des Bundesgerichtes ist die bisherige strafprozessuale Haftdauer von (angeblich) ca. 28 Monaten noch nicht in grosse Nähe der freiheitsentziehenden Sanktion gerückt, mit welcher der Beschwerdeführer im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung ernsthaft zu rechnen hat (vgl. BGE 143 IV 160 E. 4.1; 168 E. 5.1; 139 IV 270 E. 3.1; je mit Hinweisen). Zum einen hat die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufungsschrift 7 Jahre Freiheitsstrafe beantragt; zum anderen wäre nach der Praxis des Bundesgerichtes selbst bei einer massgeblichen Freiheitsstrafe von 44 Monaten (gemäss dem erstinstanzlichen Strafurteil) der Möglichkeit einer bedingten Entlassung aus dem ordentlichen Strafvollzug (vgl. Art. 86 Abs. 1 StGB) nur in Ausnahmefällen schon vor der rechtskräftigen Verurteilung Rechnung zu tragen (BGE 143 IV 160 E. 4.2). Der Beschwerdeführer legt nicht schlüssig dar, weshalb hier von einem solchen Ausnahmefall ausgegangen werden müsste (E. 4, Hervorhebungen durch mich).
Ich warte auf das Urteil, in dem das Bundesgericht argumentiert, der Beschuldigte habe einen Freispruch beantragt.
Im vorliegenden Fall befürchten die Strafbehörden vermutlich , dass sich der Häftling bei einer Entlassung ins Ausland absetzen würde, wohin er erstinstanzlich übrigens verwiesen wurde.