Die Staatsanwaltschaft als Denunziantin vor Eröffnung der Untersuchung

Im Rahmen einer Strafuntersuchung wegen Verdachts der Pornografie (Art. 197 Ziff. 3bis StGB) stösst die Staatsanwaltschaft auf Fotos, die der Beschuldigte von seiner Wohnung aus gemacht hatte und die vorwiegend minderjährige Mädchen insbesondere auf dem Spielplatz der Wohnsiedlung oder auf Balkonen von benachbarten Häusern zeigen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich X. der Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte (Art. 179quater StGB) schuldig gemacht haben könnte und beabsichtigt, die betroffenen Personen bzw. deren Eltern zu benachrichtigen, damit diese allenfalls Strafantrag stellen können.

Dagegen führte der Beschuldigte StPO-Beschwerde, die mit der Begründung abgewiesen wurde, aufgrund der vom Beschwerdeführer eingereichten Fotos lasse sich nicht eindeutig sagen, ob die durch Art. 179quater StGB geschützte Privatsphäre der fotografierten Personen verletzt worden sei. Es könne nicht von klarer Straflosigkeit ausgegangen werden, welche die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung begründen könnte.

Das Bundesgericht weist die dagegen gerichtete BGG-Beschwerde zurück mit der Begründung, dass Zwischenentscheide nur anfechtbar sind, wenn ein nicht wieder gutzumachender Nachteil bewirkt wird, der rechtlicher Natur sein müsse (BGer 1B_269/2013 vom 09.10.2013):

In Verfahren der Beschwerde in Strafsachen muss der nicht wieder gutzumachende Nachteil nicht bloss tatsächlicher, sondern rechtlicher Natur sein (BGE 136 IV 92 E. 4 S. 95; 133 IV 139 E. 4 S. 141). Die Durchführung eines Strafverfahrens begründet nach der Rechtsprechung keinen Nachteil rechtlicher Natur, der mit einem für die beschuldigte Person günstigen späteren Entscheid nicht behoben werden könnte (BGE 133 IV 139 E. 4 S. 140 f.). Umso weniger kann in Vorbereitungshandlungen zu einer Untersuchung ein solcher Nachteil erblickt werden. Sollte es zutreffen, dass der Beschwerdeführer – wie er geltend macht – durch das Fotografieren von Kindern in seiner Nachbarschaft den Straftatbestand von Art. 179quater StGB nicht erfüllt hat, würde dies in einem späteren Entscheid förmlich festgehalten, sofern es überhaupt zur Eröffnung einer Untersuchung wegen dieses Tatbestandes kommt. Der angefochtene Beschluss des Obergerichts kann für ihn daher keinen irreparablen Nachteil rechtlicher Natur bewirken (E. 4).

Mich würde jetzt interessieren, wie die Staatsanwaltschaft selbst straflos Dritte informieren will, was Art. 179quater StGB ja verbietet:

wer eine Tatsache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie auf Grund einer nach Absatz 1 strafbaren Handlung zu seiner Kenntnis gelangte, auswertet oder einem Dritten bekannt gibt,

wer eine Aufnahme, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie durch eine nach Absatz 1 strafbare Handlung hergestellt wurde, aufbewahrt oder einem Dritten zugänglich macht,

wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.