Die StPO als kantonales Ersatzrecht
Unter Hinweis auf seinen berühmten Nacktwanderer-Entscheid (BGE 138 IV 13) stellt das Bundesgericht fest, die StPO stelle kantonales Ersatzrecht dar, wenn sie zur Verfolgung kantonalen Strafrechts diene (BGer 6B_799/2016 vom 10.11.2016):
Gemäss § 1 Abs. 2 Einführungsgesetz zur Schweizerischen Strafprozessordnung des Kantons Aargau (EG StPO/AG; GS 251.200) gelten die Bestimmungen der Schweizerischen Strafprozessordnung auch für die Verfolgung und Beurteilung kantonaler Straftatbestände. Die StPO übernimmt damit die Funktion des stellvertretenden kantonalen Rechts oder von kantonalem Ersatzrecht. Das Bundesgericht prüft die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts, einschliesslich des kantonalen Strafrechts, nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür (BGE 138 IV 13 E. 2). Es hat nur zu prüfen, ob die Vorinstanz in Willkür verfiel, d.h. in schlechterdings unhaltbarer Weise die Berufung abwies (Urteil 6B_843/2015 vom 24. Februar 2016 E. 2.1) [1.1].
Folge soll sein, dass das kantonale Ersatzrecht eben nur kantonales Recht darstellt, dessen Anwendung das Bundesgericht nur mit Willkürkognition prüft:
Das Bundesgericht prüft somit auch die Anwendung der StPO (als kantonales Ersatzrecht) insgesamt nur unter Willkürgesichtspunkten (E. 1.3).
Aber ganz so einfach ist es trotzdem nicht, denn das Bundesgericht schiebt dem letzten Zitat gleich folgende Differenzierung nach:
Diese Rechtslage ist zu differenzieren, insoweit die Sache von der Vorinstanz gestützt auf die Rechtsprechung zu Art. 398 Abs. 4 StPO beurteilt wurde. Bilden nämlich nach dieser Bestimmung ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, prüft das Berufungsgericht den von der ersten Instanz festgestellten Sachverhalt nur auf Willkür. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO). In diesem Fall prüft das Bundesgericht frei, ob die Vorinstanz auf eine gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachte Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung hin zu Unrecht Willkür verneint und diese Verfassungsverletzung nicht behoben hat. Der Beschwerdeführer muss sich bei der Begründung der Rüge, die Vorinstanz habe Willkür zu Unrecht verneint, daher auch mit den Erwägungen der ersten Instanz auseinandersetzen (vgl. BGE 125 I 492 E. 1a/cc; Urteile 6B_515/2014 vom 26. August 2014 E. 2.3 und 6B_32/2016 vom 20. April 2016 E. 1.2.2) [E. 1.3].
Das hier etwas nicht stimmt, kann man aber bereits dem Ergebnis entnehmen:
Die angefochtene vorinstanzliche Erwägung, dass “der Beschuldigte Arbeiten vorgenommen hat, die auf die Erstellung von nicht bewilligten Wintergärten abzielten” (oben E. 2.1), ist nicht eine in Verkennung des Anklageprinzips der Entscheidung zugrunde gelegte Tatsache, sondern das willkürfrei erstellte Ergebnis der vorinstanzlichen Beweiswürdigung. Damit ist der Beschwerdeführer “in strafbarer Weise von der Baubewilligung abgewichen” (Urteil S. 6). Die Annahme sämtlicher kantonaler Behörden, der Beschwerdeführer habe § 160 Abs. 1 BauG zuwidergehandelt, lässt sich nicht mit Erfolg bestreiten (E. 2.5, Hervorhebungen durch mich).
Freude dürfte dem Beschwerdeführer folgende Erwägung gemacht haben:
Dass “er zum damaligen Zeitpunkt bloss die vage Idee in Erwägung gezogen hatte, möglicherweise im Rahmen des Ausbaus den Wohnraum und damit die Ausnützungsziffer zu erweitern” (Beschwerde S. 14), ist ein schön formuliertes kontrafaktisches, aber forensisch unbehelfliches Argument. Nachdem er die Bauänderung bereits ausgeführt hatte, hatte er noch immer kein Bauänderungsgesuch eingereicht gehabt (Urteil S. 5). Mit der Auskunft des Baudepartements (oben E. 2.3, letzter Abs.) setzt er sich nicht auseinander, so dass darauf nicht einzutreten ist (E. 2.4).
Auch das Bundesgericht kann schön formulieren.