Die strafprozessuale Wiedererwägung

Wenn ein Gericht auf ein Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft nicht eintritt, kann die Staatsanwaltschaft offenbar einfach ein Wiedererwägungsgesuch stellen, beispielsweise um die Frist zu wahren. Das Bundesgericht schützt dieses Vorgehen ohne gesetzliche Grundlage. Es hält das Vorgehen zwar diskutabel, den entsprechenden Entsiegelungsentscheid aber nicht für nichtig (BGer 1B_566/2020 vom 02.02.2021):

Dass die Wiedererwägung hier offensichtlich unzulässig war, kann mit Blick darauf nicht gesagt werden. Das Vorgehen der Vorinstanz erscheint höchstens als diskutabel. Das genügt nicht für die Annahme von Nichtigkeit. Auch liegt der Verfügung vom 30. Juni 2020 jedenfalls kein derart krasser Verfahrensfehler zugrunde, dass sich der Schluss auf Nichtigkeit rechtfertigen könnte. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV). Er bestreitet nicht, dass die Staatsanwaltschaft das Wiedererwägungsgesuch vom 26. Juni 2020 nicht nur dem Zwangsmassnahmengericht zustellte, sondern gleichzeitig auch seinem Verteidiger. Dieser hätte sich somit umgehend äussern können, wenn er der Auffassung war, eine Wiedererwägung falle offensichtlich ausser Betracht. Dass die Staatsanwaltschaft das Wiedererwägungsgesuch – wie der Beschwerdeführer insoweit hauptsächlich kritisiert – überdies nicht auch noch ihm persönlich zustellte, ist unerheblich, da seine Interessen der Verteidiger vertrat. Im Übrigen ging es bei der Zulässigkeit der Wiedererwägung um eine Rechtsfrage. Es ist nicht ersichtlich, was der Beschwerdeführer als juristischer Laie zu ihrer Klärung hätte beitragen können (E. 2.2).

Ich versuche mir gerade vorzustellen, in welchen Fällen die Wiedererwägung dann doch zu einem nichtigen Entscheid führen könnte. Bei nächster Gelegenheit spare ich mir die besten Argumente für die Wiedererwägung, die mir ja dann sicher auch gewährt werden wird.