Die Tücken der Vorladung
Ist eine beschuldigte Person nicht gesetzeskonform vorgeladen worden, dürfen ihr aus Ihrem Nichterscheinen auch dann keine Nachteile erwachsen, wenn der notwendige amtliche Verteidiger anwesend war.
Das Bundesgericht hiess eine Laienbeschwerde gegen den Berufungsentscheid gut, der in (unentschuldigter) Abwesenheit des (nicht gehörig vorgeladenen) Beschuldigten ergangen war (BGer 6B_727/2018 vom 20.05.2019).
1.3.1. Nach Art. 87 Abs. 1 StPO sind Mitteilungen an den Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthaltsort oder Sitz des Adressaten oder der Adressatin zuzustellen. Letzteren steht es frei, eine andere Zustelladresse zu bezeichnen. Zustellungen haben in diesem Fall grundsätzlich an die bezeichnete Adresse zu erfolgen, anderenfalls sie mangelhaft sind (BGE 139 IV 228 E. 1.1 und 1.2).
Art. 87 StPO bestimmt weiter, dass Mitteilungen an Parteien, die einen Rechtsbeistand bestellt haben, rechtsgültig an diesen zugestellt werden (Abs. 3). Hat eine Partei persönlich zu erscheinen oder Verfahrenshandlungen selbst vorzunehmen, so wird ihr die Mitteilung direkt zugestellt. Dem Rechtsbeistand wird eine Kopie zugestellt (Abs. 4). Nach Art. 405 Abs. 2 StPO lädt die Verfahrensleitung die beschuldigte Person oder die Privatklägerschaft zur Berufungsverhandlung vor, wenn diese die Berufung oder Anschlussberufung erklärt hat. In einfachen Fällen kann sie sie auf ihr Gesuch hin von der Teilnahme dispensieren und ihr gestatten, ihre Anträge schriftlich einzureichen und zu begründen.
1.3.2. Das Rechtsmittel der Berufung wurde vom Beschwerdeführer ergriffen, der kein Gesuch stellte, von der Teilnahme an der Berufungsverhandlung dispensiert zu werden. Der Beschwerdeführer war damit zum persönlichen Erscheinen verpflichtet. Entsprechend war die Vorladung zur Berufungsverhandlung dem Beschwerdeführer direkt zuzustellen. Die Vorinstanz sandte diese – wie auch ihr späteres Schreiben vom 5. März 2018 – dem Beschwerdeführer per E-Mail und auf dem Postweg (eingeschrieben und als A-Plus) an dessen Wohnsitz in Luzern, nachdem dieser bereits eine andere Zustelladresse bei Rechtsanwalt E. bezeichnet hatte. Diese Zustellungen sind mangelhaft. Auf die formelle Zulässigkeit dieser Mitteilungen ist vorliegend nicht einzugehen. Ob der Beschwerdeführer sich zu diesem Zeitpunkt in Indonesien oder in der Schweiz aufhielt, ist belanglos.
1.3.3. Die Vorinstanz publizierte die Vorladung zur Berufungsverhandlung zusätzlich im Amtsblatt. Die Voraussetzungen für eine öffentliche Bekanntmachung gemäss Art. 88 Abs. 1 StPO waren aber vorliegend nicht erfüllt, zumal eine Zustellung an die vom Beschwerdeführer bezeichnete Zustelladresse ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Eine solche Veröffentlichung vermag die schriftliche Zustellung der Vorladung nicht zu ersetzen.