Die ungeschützte Ehre des Beraters

Das Bundesgericht hatte sich mit einer im Sitzungsprotokoll festgehaltenen Aussage vor einer Sozialhilfebehörde zu befassen, die einen Berater verunglimpfte. Der Berater, der ohne juristische Ausbildung vorwiegend Sozialhilfeempfänger in juristischer Hinsicht – lästigere Konstellationen sind kaum vorstellbar – berät, sei in Arlesheim bekannt. Es gehöre zu seiner Strategie, Ärger zu verursachen und Abläufe zu blockieren. Der Berater wollte diese herabsetzenden Behauptungen nicht auf sich sitzen lassen und verlangte die Bestrafung des Sitzungsteilnehmers A., der sich in der dargestellten Weise über ihn geäussert hatte. A. wurde von allen Instanzen inkl. Bundesgericht geschützt (BGer 6B_558/2012 vom 16.10.2012).

Ich denke, der Entscheid ist wohl richtig, gebe aber zu, dass mir die Sache angesichts des immer weiter gefassten Ehrbegriffs so eindeutig nicht erscheint. Es wäre daher wünschenswert gewesen, wenn die folgenden herausgegriffenen Erwägungen des Bundesgerichts etwas ausführlicher ausgefallen wären:

Auch der Vorwurf, bei den beruflichen oder sozialen Aktivitäten Ärger zu verursachen und die Abläufe zu blockieren, so dass sie nicht mehr reibungslos funktionieren, hat mit der sittlichen oder ethischen Seite einer Persönlichkeit nichts zu tun (E. 2.).

Mit der Formulierung, der Beschwerdeführer verursache auf der Behörde Ärger und blockiere die Abläufe, wird ihm nicht jedes “Verantwortungsbewusstsein und Pflichtgefühl bei der Erfüllung seiner sozialen Aufgaben” abgesprochen. Auch wird nicht behauptet, er sei ein “Querulant”, denn darunter ist jemand zu verstehen, der das meist falsch beurteilte Recht in übertriebener und rücksichtsloser Art und mit Rechtsbehelfen durchzusetzen versucht, die in keinem angemessenen Verhältnis zum erreichbaren Ziel stehen (E. 2).

Haben solche Aussagen wirklich keine Reflexwirkung auf die Geltung als ehrbarer Mensch? Ist das Verursachen vor Ärger und das Blockieren von Abläufen wirklich nicht auch sittlich vorwerfbares unehrenhaftes Verhalten?

Übrigens, was mich immer wieder wundert ist, dass das Bundesgericht einen Entscheid zu Straftatbeständen (hier zu Art. 173 f. StGB begründen kann, ohne auch nur ein einziges Mal den Gesetzesartikel zu nennen.