Die vermeintliche Prozessfalle
Die Staatsanwaltschaft AG muss in einem – angeblich – nicht an die Hand genommenen Strafverfahren nochmals tätig werden (BGer 6B_252/2019 vom 20.08.2019).
Sie hatte versucht, den Strafantragsteller, der nicht zur Vergleichsverhandlung erschienen war, über die Rückzugsfiktion stolpern zu lassen (Art. 316 Abs. 1 StPO). Das Obergericht AG hat aber Fristerstreckungen und Terminverschiebungen anderen Regeln folgen als Wiederherstellungen:
Darüber hinaus erweist sich die Argumentation der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe seine Säumnis verschuldet, da er der Staatsanwaltschaft den Hinderungsgrund seines Ausbleibens nicht “rechtzeitig vor” der Vergleichsverhandlung angezeigt habe, als rechtsfehlerhaft. Sie verkennt, dass es bei der Säumnis und einer allfälligen Wiederherstellung einer Frist oder eines Termins – anders als bei einem Gesuch um Erstreckung von Fristen und Verschiebung von Terminen (Art. 92 StPO) – um das unverschuldete Versäumnis und nicht um die rechtzeitige Benachrichtigung über den Säumnisgrundgrund geht (vgl. 6B_530/2016 vom 26. Juli 2017 E. 2.4). Die Rechtsfolge des fingierten Rückzugs der Strafanzeige sanktioniert das unentschuldigte Fernbleiben und nicht eine (allenfalls) verspätete Mitteilung des Säumnisgrundes. Dieser ist vielmehr als “Begründung”, dass die Säumnis unverschuldet war, mit dem Gesuch um Wiederherstellung innert 30 Tagen nach Wegfall des Säuminsgrundes geltend zu machen (vgl. Art. 94 Abs. 2 StPO) [E. 5].
Darüber hinaus musste das Bundesgericht das OGer AG darauf hinweisen, dass eine Verfahrenserledigung durch Nichtanhandnahme nach erfolgter Untersuchungseröffnung durch die Staatsanwaltschaft ohnehin nicht mehr möglich ist.