Die Wahrsagerin als verdeckte Ermittlerin

Was sich die Strafverfolgungsbehörden bisweilen leisten, spottet jeder Beschreibung. Der Oberstaatsanwaltschaft ZH ist es nun aber zu verdanken, dass sie einen exemplarischen Fall ans Bundesgericht gezogen und wie bereits vor Obergericht unterlegen ist. Es ging um die Frage des Masses der zulässigen Einwirkung von verdeckten Ermittlern und um die Rechtsfolgen (Unverwertbarkeitslösung c. Strafzumessungslösung). Als Geständnisproduzentin wurde eine Wahrsagern eingesetzt, welche eine verdeckte Ermittlerin war.

In einem sehr gut begründeten Entscheid klärt das Bundesgericht nun das Verhältnis zwischen Art. 293 Abs. 4 sowie Art. 140 Abs. 1 und Art. 141 Abs. 1 StPO (BGE 6B_210/2021 vom 23.03.202, Publikation in der AS vorgesehen). Hier die Zusammenfassung des Entscheids:

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Art. 140 StPO bei der Anordnung einer verdeckten Ermittlung gewisse Einschränkungen erfährt, indem das Täuschungsverbot zumindest punktuell durchbrochen wird. Dies bedeutet aber nicht, dass die übrigen Garantien von Art. 140 Abs. 1 StPO (Verbot von Zwangsmitteln, Gewaltanwendung, Drohungen, Versprechungen und Mitteln, welche die Denkfähigkeit oder die Willensfreiheit einer Person beeinträchtigen können) ihren Geltungsanspruch verlieren würden. Auch bei einer verdeckten Ermittlung setzt die Verwertbarkeit eines Beweismittels voraus, dass die Vorgaben von Art. 140 StPO – mit gewisser Relativierung hinsichtlich des Täuschungsverbots – eingehalten werden. Die verdeckte Ermittlung darf nicht dazu missbraucht werden, Art. 140 und Art. 141 Abs. 1 StPO sowie das Aussageverweigerungsrecht im Besonderen zu umgehen. Art. 293 Abs. 4 StPO regelt nur, wie bei übermässiger Einwirkung auf die Tatbereitschaft und den Tatentschluss zu verfahren ist. Die Bestimmung befasst sich indes nicht mit verbotenen Beweiserhebungsmethoden. Kamen solche zur Anwendung bzw. wurde das Selbstbelastungsprivileg verletzt, ist auch bei einer verdeckten Ermittlung Art. 141 Abs. 1 StPO massgeblich und es greift ein absolutes Verwertungsverbot (E. 2.8.8).