Direkter Konfrontationsanspruch auch bei Gewaltdelikten und Drohungen

Erneut kassiert das Bundesgericht ein Urteil wegen Verletzung des Konfrontationsanspruchs (BGer 6B_836/2014 vom 30.01.2014 mit Verweisen insbesondere auf . BGE 139 IV 25 E. 4.2,  BGE 139 IV 199 E. 5.2, BGE 139 IV 265 E. 4.2 S. 268 und BGer 6B_98/2014 vom 30.09.2014 E. 3.9; vgl. dazu meinen früheren Beitrag).

Die Vorinstanz war in Verletzung von Art. 147 StPO der Auffassung, es sei

nicht zu beanstanden, wenn die Strafverfolgungsbehörden bei Opfern von Gewaltdelikten und Drohungen das Teilnahmerecht im Interesse einer unbeeinflussten Aussage des Opfers auf die Rechtsvertretung des Beschuldigten beschränke. Dies gelte erst recht, wenn die persönliche Teilnahme gar nicht verlangt werde (Urteil S. 11). Die Vorinstanz legt auch nicht dar, dass der Beschwerdeführer förmlich und unzweideutig verzichtet hätte, direkt mit B. konfrontiert zu werden (E. 2.3; Urteil 6B_98/2014 vom 30. September 2014 E. 3.9). Solches ist auch nicht ersichtlich (E. 2.5).

Im vorliegenden Fall war der Bedrohte B. trotz Vorladung nicht zur erstinstanzlichen Verhandlung erschienen. Vor zweiter Instanz hat der Beschwerdeführer dann die Konfrontation (offenbar erstmals) beantragt. Damit hat er das “Recht auf Ergänzungsfragen” nicht verwirkt:

Vorliegend bestehen für die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Drohungen gegenüber B. ausser dessen Aussagen keine weiteren Beweismittel. Die Vorinstanz legt keinen Grund im Sinne von Art. 149 StPO dar, der eine Schutzmassnahme erfordern würde. Die zweite Befragung von B. am 17. April 2011 erfolgte somit nicht im Einklang mit Art. 147 StPO. Indem der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens nie direkt mit B. konfrontiert wurde, liegt eine gewichtige, nicht näher begründete Einschränkung seiner Verfahrensrechte vor. Nicht vorgeworfen werden kann dem Beschwerdeführer, dass er nicht beantragt hat, B. sei zur erstinstanzlichen Hauptverhandlung vorzuladen. Da dieser bereits vom erstinstanzlichen Gericht vorgeladen worden war, bestand dazu kein Anlass, wie der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt. B. wäre verpflichtet gewesen, an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung teilzunehmen (vgl. Art. 205 Abs. 1 StPO). Dass er das nicht tat, ist nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Das Recht auf Ergänzungsfragen verwirkt zudem nicht, wenn die Konfrontation erst im Rahmen der Berufung beantragt wird (E. 2.3) [E. 2.5].
Das Recht kann man m.E. auch dann nicht verwirken, wenn man den Antrag überhaupt nie stellt (vgl. dazu BGer 6B_98/2014 vom 30.09.2014 E. 3.9, wonach ein förmlicher und unzweideutiger Verzicht vorliegen muss).