Doch subsidiäre Verfassungsbeschwerde in Strafsachen?

Gegen die Mutter eines inzwischen verurteilten Mörders wurde wegen Verdachts einer Beteiligung an diesem Verbrechen auch gegen die Mutter des Hauptverdächtigen ermittelt. Sie stand 20 Tage Untersuchungshaft aus. Nach Einstellung ihres Verfahrens stellte die Mutter ein Begehren auf Schadenersatz und Genugtuung, welches das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz abwies. Die dagegen gerichtete subsudiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 9 BV) weist die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts in Fünferbesetzung (!) als aussichtslos ab (6B_295/2007 vom 13.11.2007).

Erwähnenswert ist zunächst die Begründung, weshalb das Bundesgericht die Beschwerde als Verfassungsbeschwerde (und nicht als Strafrechtsbeschwerde) behandelt:

Die weiteren Forderungen haben zwar insoweit einen Zusammenhang mit dem Strafverfahren, als sie ihren Rechtsgrund in einem (rechtmässigen oder rechtswidrigen) Verhalten der Strafverfolgungsbehörden – z.B. in der Anordnung von Untersuchungshaft – und dem daraus entstandenen Schaden bzw. der dadurch bewirkten seelischen Unbill haben. Der Sache nach handelt es sich um Haftungsansprüche gegen den Kanton Schwyz, mithin um auf kantonales öffentliches Recht gestützte vermögensrechtliche Ansprüche. Anders als Zivilansprüche, die Kraft ausdrücklicher Bestimmung in Art. 78 Abs. 2 lit. a BGG mit strafrechtlicher Beschwerde vorgebracht werden müssen, wenn sie zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind, ist die Behandlung derartiger durch Strafverfahren ausgelöster Staatshaftungsansprüche in Art. 78 ff. BGG nicht ausdrücklich geregelt. Die Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege (BBl 2001 S. 4202 ff., insbesondere S. 4313 f.) schweigt sich dazu aus, ebenso, soweit ersichtlich, die Literatur. Ihr Zusammenhang mit dem Strafverfahren ist nicht so eng, dass sie sinnvollerweise nur in diesem mitbeurteilt werden können, wie dies für die Verfahrens- und Parteikosten der Fall ist. Sie unterliegen daher, insbesondere auch mangels einer Art. 78 Abs. 2 lit. a BGG entsprechenden Ausnahmeregelung für öffentlich-rechtliche Forderungen, grundsätzlich der dafür vorgesehenen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne der Art. 82 ff. BGG (E. 1.2).

Diese Begründung erscheint mir als nicht zwingend und öffnet eine Hintertür für Verfassungsbeschwerden in Strafsachen, die es bisher nicht zu geben schien (vgl. meinen früheren Beitrag). Der Entschädigungsanspruch basiert doch letztlich auf der strafprozessualen Unschuldsvermutung und steht mit dem Strafverfahren in untrennbarem Zusammenhang. Offenbar war hier aber eine Verletzung der Unschuldsvermutung nicht gerügt, obwohl Willkür eigenständig gar nicht gerügt werden kann.

In der Sache schützte das Bundesgericht das Urteil der Vorinstanz mit der Begründung, der Mutter müsse ein vorprozessuales (!) Verschulden vorgeworfen werden:

Allerdings hat die Beschwerdeführerin selber zugestanden, [das spätere Mordopfer] B. beschimpft und wenige Wochen vor dem Mord tätlich angegriffen zu haben. Mit dieser unerlaubten Handlung hat sie den Strafverfolgungsbehörden jedenfalls vor dem Hintergrund ihrer ohnehin gespannten Beziehung zu B. Grund zur Annahme gegeben, sie könnte am Verbrechen gegen diese beteiligt gewesen sein. Der Vorwurf, sie habe dadurch die Einleitung eines Strafverfahrens gegen sie schuldhaft verursacht, ist im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (E. 4.2).

Dieses vorprozessulaes Verschulden allein hätte dem Bundesgericht wohl noch nicht genügt. Es warf der Beschwerdeführerin aber zudem prozessuales Verschulden vor (Erschwerung der Untersuchung durch Lügen):

Es steht somit fest, dass die Beschwerdeführerin die Einleitung des Strafverfahrens gegen sie durch ihren tätlichen Angriff auf B. schuldhaft zumindest mitverursachte, und dass sie die Untersuchung durch ihre Lügen, ihr Sohn X. habe sich in der Tatnacht zwischen rund 22 Uhr und 23:30 Uhr zu Hause aufgehalten, während ihr Bruder C. nicht bei ihnen gewesen sei, die Untersuchung erschwerte. Es ist unter diesen Umständen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vorn E. 3) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, ihr wegen dieses vorprozessualen und prozessualen Verschuldens für die durch das Strafverfahren entstandenen Unkosten und Unbill weder eine Entschädigung noch eine Genugtuung zuzusprechen (E. 4.3.3).

Dass die Mutter diese Aussagen während der Untersuchungshaft machte und somit zumindest für ihre Verhaftung nicht kausal sein konnten, scheint für das Bundesgericht nicht entscheidend zu sein. Auch nicht entscheidend waren die Lügen für das gegen sie geführte Verfahren.

Und warum die Beschwerde aussichtslos war, erklärt das Bundesgericht mit der üblichen Floskel, die jeder Begründungspflicht spottet:

Sie hat zwar ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, welches indessen abzuweisen ist, da die Beschwerde aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG).