Drohender Verteidiger – polemisierender Staatsanwalt

Verbale Auseinandersetzungen zwischen Staatsanwälten und Verteidigern kommen immer wieder vor. Lässt sich dabei ein Staatsanwalt zu einer unprofessionellen Äusserung gegen den Klienten des Anwalts hinreissen, müsste er eigentlich abtreten.

Anders sieht das in einem konkreten Fall das Obergericht AG und – in Fünferbesetzung – nun auch das Bundesgericht (BGer 1B_166/2018 vom 13.06.2018):

Nach der Darstellung des Beschwerdeführers hat sein Verteidiger Staatsanwalt [Y.]” die Prüfung einer Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs in Aussicht” gestellt, als dieser sich weigerte, eine Kontosperre für die Begleichung einer Steuerforderung teilweise aufzuheben. Der Verteidiger hat dem Staatsanwalt somit nach seiner eigenen Darstellung unverhohlen mit dem Einreichen einer Strafanzeige gedroht für den Fall, dass er seinem Gesuch nicht entspreche. Es handelt sich damit um einen Druckversuch seitens des Verteidigers, der zumindest grenzwertig erscheint, und keineswegs bloss um ein höfliches Ersuchen, wie der Verteidiger sein Verhalten selber beschreibt. Dass sich Staatsanwalt Knopf in dieser vom Verteidiger angeheizten Gesprächssituation dazu hinreissen liess, dessen Mandanten mit B. [wer damit gemeint ist geht aus dem Entscheid leider nicht hervor] zu vergleichen, um damit möglicherweise auf ein gewisses selbstherrliches Verhalten hinzuweisen, war zwar, wovon auch das Obergericht ausgeht, unprofessionell. Die Bemerkung wäre daher besser unterblieben, vermag ihn aber nicht als befangen erscheinen zu lassen, insbesondere weil sie nach dem Vorgefallenen noch nachvollziehbar erscheint (E. 3.3).

Es folgen dann weitere Darstellungen, die aber nichts daran ändern, dass der Staatsanwalt im Streit mit dem Anwalt den Klienten herabsetzte. Massgebend für die Mehrheit des Spruchkörpers war aber die harte Gangart des Verteidigers:

Drücken sich ein Beschuldigter und sein Anwalt derart unzimperlich aus wie im vorliegenden Fall, so müssen sie sich in einem gewissen Rahmen auch eine unwirsche Entgegnung gefallen lassen (E. 3.3).

Motto der muss gar nicht meinen, Sein Verteidiger hat schliesslich angefangen? Das überzeugt mich nicht. Wenn der Verteidiger tatsächlich gedroht hat, ist er selbst wohl unprofessionell. Das rechtfertigt aber keinen polemisierenden Angriff des Staatsanwalts auf den Klienten.