Durchsuchung in Übertretungsstrafverfahren

Das Bundesgericht ist sich einmal mehr nicht zu schade, in einem Übertretungsstrafverfahren den an sich tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zu widersprechen und der Staatsanwaltschaft den Rücken zu stärken (BGer 1B_216/2013 vom 18.12.2013). Die Vorinstanz wird erneut zu prüfen haben, ob sie das Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft zu Recht abgewiesen hat. Es geht um die angebliche Missachtung einer rechtskräftig angeordneten (und faktisch gar nicht durchsetzbaren) Herausgabepflicht betreffend elektronische Kopien einer Daten-CD.

Das Bundesgericht sorgt trotz der Sinnlosigkeit der angeblich missachteten Verfügung dennoch für Ordnung:

Im Rahmen der Strafuntersuchung wegen Ungehorsams gegen eine rechtskräftige Verfügung des Obergerichtes vom 4. Juni 2012 möchte die Staatsanwaltschaft abklären, ob der Beschuldigte (noch nach dem 17. September 2012) im Besitze von elektronischen Kopien einer Daten-CD (sowie von Ausdrucken davon) blieb und insofern die rechtskräftige Verfügung missachtete. Im angefochtenen Entscheid wird der Aufassung der Staatsanwaltschaft zugestimmt, es bestehe ein hinreichender Tatverdacht, dass der Beschuldigte im fraglichen Zeitraum solche Gegenstände besass bzw. verwendete und gegen die Verfügung verstiess. Die bei ihm sichergestellten und versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände weisen damit Untersuchungsrelevanz im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis auf (vgl. BGE 138 IV 225 E. 7.1 S. 229 mit Hinweisen). Sie kommen als Beweismittel im Sinne von Art. 263 Abs. 1 lit. a StPO (i.V.m. Art. 246 und 248 StPO) in Frage. Die Argumentation der Vorinstanz bzw. des privaten Beschwerdegegners, analoge Aufzeichnungen und Gegenstände hätten sich (zulässigerweise) auch noch bei Rechtsvertretern des Beschuldigten befunden, die nicht von der Verfügung betroffen gewesen seien und mit ihm entsprechende Unterlagen hätten austauschen dürfen, lässt die Deliktskonnexität nicht zum Vornherein dahinfallen (E: 3.3).

Zur Verhältnismässigkeit führt die Staatsanwaltschaft Argumente an, die an sich zirkelschlüssig sind:

Im Gegensatz zu anderen Zwangsmassnahmen (wie z.B. Untersuchungshaft oder Telefonüberwachungen) beschränkt die StPO die Hausdurchsuchung, die vorläufige Sicherstellung von Aufzeichnungen und Gegenständen sowie deren Entsiegelung (und Freigabe zur Durchsuchung seitens der Staatsanwaltschaft) nicht auf die Untersuchung von Vergehen oder Verbrechen (vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 244, 246, 248 und 263 StPO). In begründeten Fällen und im Rahmen des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes (Art. 197 Abs. 1 lit. c-d und Abs. 2 StPO) kann eine Entsiegelung daher grundsätzlich auch zur Untersuchung von Übertretungen zulässig erscheinen (vgl. Niklaus Schmid, Praxiskommentar StPO, 2. Aufl., Zürich 2013, Art. 197 N. 2 und 7). Die Staatsanwaltschaft macht geltend, bei Art. 292 StGB handle es sich um eine Straftat gegen die öffentliche Gewalt. Der Zweck der Strafnorm sei es, dass behördliche Verfügungen wirksam durchgesetzt würden. Dies setze voraus, dass Beweismittel für die Untersuchung von Ungehorsamshandlungen nötigenfalls auch zwangsweise sichergestellt werden können. An der Durchsetzung hoheitlicher Anordnungen bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse, das den Grundrechtseingriff beim Betroffenen überwiege. Die Zwangsmassnahme richtet sich hier im Übrigen gegen den Beschuldigten selbst und nicht gegen eine Drittperson (vgl. Art. 197 Abs. 2 StPO) [Ë. 3.5].

Auf diese an sich zirkelschlüssige Argumentation geht das Bundesgericht gar nicht erst ein und verweist auf die Vorinstanz.