Durchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl – Regel oder Ausnahme?
Zwei Polizeibeamte haben die Wohnung einer Frau ohne Durchsuchungsbefehl betreten und ihren Führerausweis sichergestellt. Auf den Strafantrag gegen die Beamten sind die Behörden des Kantons Appenzell Ausserrhoden nicht eingetreten, weil der Strafantrag angeblich verspätet eingereicht worden sei (Art. 29 aStGB). Das Bundesgericht (Urteil 6S.33/2007 vom 20.04.2007) heisst die Nichtigkeitsbeschwerde der Frau gut und zwingt damit die Strafverfolger, das offenbar missliebige Verfahren gegen die beiden Polizisten durchzuführen. Wie fantasiereich sich die Behörden gegen solche Verfahren sträuben, zeigt die Begründung der Vorinstanz, aus welcher das Bundesgericht zitiert:
Ob die beiden Polizeibeamten mit oder ohne Hausdurchsuchungsbefehl gehandelt hätten, sei insofern irrelevant, als der Beschwerdeführerin jedenfalls ein solcher Befehl nie vorgelegt worden sei. Sie habe deshalb mit guten Gründen davon ausgehen können, dass kein Hausdurchsuchungsbefehl vorgelegen habe und sie sich somit durch das Einreichen einer Strafklage wegen Hausfriedensbruchs nicht der Gefahr eines Strafverfahrens wegen falscher Anschuldigung oder Verleumdung ausgesetzt hätte (Hervorhebungen durch mich).
Ganz offensichtlich hat das Bundesgericht mehr Vertrauen in die Polizeiarbeit und dreht die Begründung der Vorinstanz um:
Erst die Gewissheit des Fehlens eines Durchsuchungsbefehls liess aus der Warte der Beschwerdeführerin folglich ein Vorgehen gegen die beiden Polizeibeamten als aussichtsreich erscheinen. Dies gilt umso mehr, als dass bei Beamten grundsätzlich davon ausgegangen werden darf, diese hielten sich an die Grenzen ihrer amtlichen Befugnisse und handelten gesetzeskonform, so dass insoweit erhöhte Bedenken bestehen, leichtfertig Strafanzeige zu erstatten und sich der Gefahr einer falschen Anschuldigung auszusetzen (E. 6.2, Hervorhebungen durch mich).
Zur Wahrung der Antragsfrist von drei Monaten führt das Bundesgericht folgende aus:
Die Frist für die Einreichung eines Strafantrags wegen Hausfriedensbruch beginnt somit erst, wenn die Trägerin des Haus- und damit des Strafantragsrechts zuverlässige Kenntnis davon hat, dass das Eindringen der Polizei in ihre Wohnung nicht im Rahmen der Amtspflicht geschah, mithin insbesondere nicht aufgrund eines Hausdurchsuchungsbefehls rechtmässig war. Nur unter dieser Voraussetzung kann ein Vorgehen gegen die beteiligten Beamten als aussichtsreich bewertet werden (E. 5.3).
Die entscheidende Frage, musste das Bundesgericht nicht beantworten:
Bei diesem Ergebnis kann die in der Doktrin umstrittene und vom Bundesgericht bislang nicht entschiedene Frage, ob die Kenntnis eines der Mittäter zur Auslösung der Strafantragsfrist genügt, offen gelassen werden (E. 6.2).
Schade!
„dass bei Beamten grundsätzlich davon ausgegangen werden darf, diese hielten sich an die Grenzen ihrer amtlichen Befugnisse und handelten gesetzeskonform“.
Interessant ist, dass diese Begründung auch von der Steuerrekurskommission des Kantons Bern verwendet wird, welche a priori davon ausgeht, dass eine öffentliche Körperschaft (z.B. Stadt Bern) als Arbeitgeberin sich gesetzeskonform verhalte. Rekurse, welche nicht haarklein beweisen, dass dem nicht so sei, würden deshalb von vornherein abgelehnt. Die Beweislast liegt voll und ganz beim Rekurrenten – nur: wie will der zu den nötigen Beweismitteln kommen, wenn nicht mal offensichtliche Anzeichen genügen, die Rekurskommission misstrauisch zu machen.
Darf die polizei bei einer hausdurchsuchung mein zimmer durchsuchen wenn es um meinen sohn geht der bei mir wohnt
In der Schweiz besteht kein wirksamer Schutz gegen unberechtigte Hausdurchsuchungen. Ihr Zimmer darf grundsätzlich nur durchsucht werden, wenn ein Durchsuchungsbefehl vorliegt und wenn gestützt auf gesicherte Tatsachen vermutet wird, dass sich das Gesuchte in Ihrem Zimmer befinden könnte. Sonst darf sie nicht. Aber wenn sie es trotzdem tut, macht sie es halt verbotenerweise. Konsequenzen hat es in der Praxis nicht.
Zutritt zu Wohnungen ohne Richtetlichen Durchsuchungsbefehl, darf die Polizei nur machen, wenn zb. ein Mensch um Hilfe ruft, bei einem Tier in Not. zb. wenn es brennt, oder du tot in der Wohnung liegst und die Nachbarn über den Geruch beschweren. Ansonsten können allfällige Beweise sofern sie nicht verwertet werden. Siehe beobachter.ch
So einfach ist es leider nicht.
Ist bekannt, wie es in diesem Fall hinsichtlich Hausfriedensbruch weiterging?
Mir nicht, nein.
Ich hatte gerade gestern so was miterlebt:
Am 18.1.2020, 19.00 Uhr
Ich bin Landwirt. Mein Hofareal ist eingezäunt und bei der Hofeinfahrt hat es ein Siebtor (2m Höhe)
Das Schiebtor war offen.
Als ich, meine Frau und unser Sohn nach Hause auf den Hofplatz fuhren, beobachteten wir zwei Polizisten. Einer (Pol. W.) war im Inneren Hofplatzbereich der Aandere (Pol. S.) befand sich in der Scheune.
Sie seien angerufen worden, dass bei uns Äste auf dem Feld verbrannt werden.
Ich bat meine Frau die Situation zu Filmen.
Dann sagte ich der Polizei, dass Sie sich in einem eingezäunten Privatareal befinden, dass meines Wissens kein HD Befehl vorliegt und ich Anzeige wegen Hausfriedensbruch machen möchte.
Zudem habe es beim Briefkasten, vor dem Hoftor eine Hausglocke, die nicht betätigt wurde.
Und beim Haus selber hat es auch eine.
An diesen zwei Hausglocke sind die Polizisten vorbeigelaufen.
Ich sagte auch, dass es bei uns kein Feuer gibt.
Ich machte aber eine Angabe, wo ich gerade eben ein Feuer sah. (Das Sie weiter nicht interessierte)
Die Polizei ging wieder.
Sie fuhren nochmals bei meinem Feld vorbei
und dann weg.
Was meint Ihr soll ich die Anzeige wegen Hausfriedensbruch machen?
Freundliche Grüße
Bauer B.
Die Polizeit hat nach Recht und Gesetz zu handeln. Die Handlungsweise (z.B. Hausdurchsuchung einer Privstwg.) der Polizei muss somit recht- und verhältnismässig sein. Es kann doch nicht angehen, dass Polizisten einfach mal so, also nach eigenem Gutdünken eine Privatwohung betreten, ohne vorgängig das Einverstänsnis der fraglichen Mieterin und/oder Eigentümerin dieser Wg. eingeholt zu haben! Bei dem vom Beobachter geschilderten Fall war ja keine Gefahr (Verdunklungsgefahr oder Fluchtgefahr) in Verzug, die das Betreten dieser Privatwg. geg. ihren Willen gerechtfertigt hätte.
Ich arbeitete vor über 30 Jahren als Polizeibeamter und bin heute als Jurist tätig. Mir wäre als Polizeibeamter schon damals nie in den Sinn gekommen ohne ausdrückliches Einverständnis der Wohnungsmieterin od. Wohnungseigentümerin in einem solchen Bagatellfall (Einzug des FA) in eine Privatwohung „einzudringen“ und zu durchsuchen. Schon früher gab es ehem. Polizeikollegen die sich (leider) nicht nur einmal über Rechte von Privstpersonen hinweggesetzt haben. Im Zuge meiner Vereidigung als Polizeibeamter im Kanton ZH wurde mir gesagt, dass wir als sog. kleiner Anwalt für die Bevölkerung tätig sein sollen.