Effizienz vor allem anderen
Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) hat mit heutiger Medienmitteilung über den Stand der Arbeiten mit der Schweizerischen Strafprozessordnung orientiert. Ganz offensichtlich werden die wesentlichen Fragen vorwiegend nach dem Effizienzkriterien beantwortet. Da fragt sich, ob sich die ach so effizienten Ständeräte überhaupt bewusst sind, dass voraussichtlich weit über 90% aller Strafverfahren im an Effizienz kaum zu überbietenden Strafbefehlsverfahren erledigt werden und dass die als ineffizienz erachteten Regeln praktisch nur bei schweren Straffällen mit Freiheitsstrafen über einem Jahr zur Anwendung gelangen werden, wo Effizienz wohl auch wichtig, aber nicht gerade die alleinseeligmachende Verfahrensmaxime sein sollte.
Hier ein paar Ausschnitte aus der Medienmitteilung mit meinen Bemerkungen dazu in Klammern:
Ausserdem beantragt die Kommission, auf gewisse zu detaillierte Regelungen, wie beispielsweise zur Fesselung, zu verzichten (Art. 211). Die Kommissionsmehrheit ist der Meinung, dass hier der allgemeine Grundsatz der Verhältnismässigkeit als Massstab für die Polizeiarbeit ausreichen muss und dass das Gesetz nicht alle Einzelheiten regeln darf [Ein Polizist, der seine Arbeit gewissenhaft ausüben möchte, wäre vielleicht froh um eine klare Regelung im Gesetz. Der Vorschlag der RK-S führt dazu, dass die kantonalen Polizeikommandos über ihre Dienstvorschriften den Massstab für die Verhältnismässigkeit setzen werden. Weil Polizeiarbeit ja gefährlich ist, werden die Dienstvorschriften natürlich die Fesselung als Grundsatz vorschreiben. Wetten?]
Was das Zeugnisverweigerungsrecht der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte anbelangt, folgt die Kommissionsmehrheit dem Bundesrat und beantragt, dass die Anwältinnen und Anwälte, insbesondere wenn sie von ihren Klienten von der Geheimnispflicht entbunden worden sind, grundsätzlich aussagen müssen (Art. 168). [Damit werden in Zukunft wohl Anwälte in Beugehaft genommen, wenn sie sich weigern, ihre Klienten zu verraten. Jawohl, die StPO ist wahrlich auf gutem Weg! Heben wir doch am besten gleich noch den Quellenschutz der Journalisten und das Beichtgeheimnis auf.].
Ineffizient aber dafür wiederum zu Lasten der Beschuldigten ist der folgende Vorschlag:
Ferner sprach sich die Kommission dafür aus, dass ein Strafverfahren auch dann fortgeführt werden soll, wenn die Person, welche die Klage eingereicht hat, nicht mehr als Klägerin auftreten will (Art. 118 Abs. 3). [Wir verfolgen selbst dann, wenn kein Mensch an einer Verfolgung interessiert ist].
Und damit die Gerichte keinen Personalabbau zu befürchten haben, soll ineffizienterweise ein zusätzliches Rechtsmittel eingeführt werden:
Schliesslich beantragt die Kommission, dass Entscheide über die Anordnung der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft in jedem Fall anfechtbar sind.
Da kann ich nur hoffen, dass die RK-N noch kräftig nachbesseren wird.