“Egoistisches Fluchtmotiv” doppelt verwertet

Das Obergericht AG unterliegt in einer Laienbeschwerde an das Bundesgericht in zwei Punkten (s. auch den unten zitierten Entscheid zu einer weiteren erfolgreichen Laienbeschwerde).

Es hat das Doppelverwertungsverbot missachtet und die Kosten offensichtlich falsch liquidiert (BGer 6B_95/2018 vom 20.11.2018).

Zum Doppelverwertungsverbot:

Es bedarf keiner weiteren Ausführungen dazu, dass BGE 121 IV 49 im hiesigen Zusammenhang nicht als Präjudiz dafür herangezogen werden kann, das bei der Hinderung einer Amtshandlung verfolgte Eigeninteresse sei als solches auch ein Gesichtspunkt der Strafzumessung. Das gilt genauso hinsichtlich des Urteils 6B_364/2014; in dessen E. 2.2 wurde das monetäre (sprich egoistische) Motiv für intensiven Drogenhandel, mit dem eine Gesundheitsgefährdung vieler Menschen in Kauf genommen wurde, verschuldenserhöhend berücksichtigt. Im offenkundigen Unterschied zu diesen Fällen weist das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Fluchtverhalten keine Merkmale auf, welche das praktisch jedem Fall von Hinderung einer Amtshandlung inhärente egoistische Motiv zu einem verschuldenserhöhenden Faktor machen würden. Mit dem vorgeworfenen Verhalten einhergehende Gefährdungen der Verkehrssicherheit spielen an dieser Stelle keine Rolle; sie sind durch die Verurteilungen wegen Verkehrsregelverletzungen abgedeckt (vgl. angefochtenes Urteil E. 2.1 [Missachtung der Höchstgeschwindigkeit] und E. 2.3 [Nichtbeachten des polizeilichen Haltezeichens]). Somit liegt ein klarer Verstoss gegen das Doppelverwertungsverbot vor: Umstände, die für die Begründung des Schuldspruchs massgeblich sind – oder wie hier mit dem Tatbestand notwendig verbunden sind -, spielen für die Strafzumessung nur insoweit eine Rolle, als sie das konkrete Ausmass des Tatverschuldens prägen (vgl. BGE 141 IV 61 E. 6.1.3 S. 68; Urteile 6B_1196/2015 vom 27. Juni 2016 E. 2.3.4). Die Vorinstanz nennt keine Tatumstände, welche das (per se) egoistische Fluchtmotiv zum massgeblichen Strafzumessungsfaktor machen könnten. Solche Umstände sind denn auch nicht ersichtlich. Die Vorinstanz hat ihr Ermessen überschritten (oben E. 2.1), indem sie der Strafzumessung einen unmassgeblichen Gesichtspunkt zugrundegelegt hat. Die Sache ist in diesem Punkt an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die notwendigen Anpassungen vornehme (E. 2.3, Hervorhebungen durch mich). 

Offensichtlich falsch lag das Obergericht AG auch bei der Kostenliquidation. Wahrscheinlich handelte es sich aber um ein Versehen:

Gemäss erstinstanzlichem Urteil vom 20. Juli 2017 setzen sich die Verfahrenskosten aus einer Gerichtsgebühr von Fr. 1’400.–, Spesen von Fr. 84.–, einer Anklagegebühr von Fr. 2’750.– sowie Kosten der Mitwirkung anderer Behörden zusammen. Letztere habe der Beschuldigte im Umfang von Fr. 115.– zu tragen, nicht aber, was die Standkosten der beschlagnahmten Fahrzeuge (Fr. 2’917.05) betreffe (E. 7.1 und Dispositiv-Ziff. 9 des bezirksgerichtlichen Urteils). Die insgesamt zu verlegenden erstinstanzlichen Verfahrenskosten beliefen sich somit auf Fr. 4’349.–. Davon gingen auch die Parteien des Berufungsverfahrens aus (Berufungserklärung der Staatsanwaltschaft vom 8. September 2017 S. 3 und Anschlussberufung des Beschwerdeführers vom 22. November 2017 S. 3). 
Das Obergericht auferlegt dem Beschwerdeführer indes nebst der Anklagegebühr von Fr. 2’750.– erstinstanzliche Verfahrenskosten von Fr. 4’432.05, welche die Standkosten wiederum einschliessen (Ziff. 7.1 des vorinstanzlichen Entscheiddispositivs). Durch dieses offenbare Versehen wird im Ergebnis Bundesrecht formell (vgl. Art. 404 Abs. 1 StPO) wie materiell (vgl. Urteil 1B_133/2017 vom 16. Mai 2017) verletzt. Insoweit ist die Beschwerde offensichtlich begründet. Die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die erstinstanzlichen Verfahrenskosten berichtige (E. 5.2).

Bereits am Freitag hatte das Bundesgericht einen Entscheid online gestellt, in dem das Obergericht AG in einer Laienbeschwerdesache unterlag (BGer 6B_1416/2017 vom 29.11.2018). Hier hatte es wichtige Zumessungsfaktoren nicht gewürdigt:

Zur Kinder- und Jugendzeit finden sich im vorinstanzlichen Entscheid keine Erwägungen. Damit hat die Vorinstanz einen wesentlichen Gesichtspunkt in Verletzung von Bundesrecht (Art. 47 Abs. 1 StGB) ausser Acht gelassen (vgl. BGE 121 IV 202 E. 2d/bb S. 204 f.). Sie wird deshalb dieses Kriterium zu würdigen haben (E. 1.4.2).