Ein Ermittlungsbericht ist kein Gutachten
In einem Versicherungsbetrugsverfahren war abzuklären, ob ein Fahrzeug absichtlich in Brand gesteckt wurde. Die Justiz des Kantons Aargau bejahte dies gestützt auf ein Privatgutachten und gestützt auf einen polizeilichen Ermittlungsbericht. Das Bundesgericht kassiert das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, weil es in Verletzung von Bundesrecht keine Gutachter beigezogen hat. Interessant sind in erster Linie die Ausführungen des Bundesgerichts zum polizeilichen Ermittlungsbericht (BGer 6B_619/2014 vom 04.11.2014):
Der Ermittlungsbericht vom 28. Juli 2011 ist bereits von der Sache her kein Gutachten. Wie dem Bericht zu entnehmen ist, nahm sein Verfasser nach der Befragung des Beschwerdeführers und der Untersuchung des Fahrzeugs zahlreiche weitere Ermittlungshandlungen vor. Sein Einsatz beschränkte sich nicht auf eine Untersuchung des beschädigten Fahrzeugs. Offenbleiben kann daher, ob es sich bei ihm um einen Sachverständigen im Sinne vonArt. 183 Abs. 2 StPO handelt, da er nicht als solcher zum Einsatz kam.
Gemäss Art. 183 Abs. 2 StPO können Bund und Kantone für bestimmte Gebiete dauernd bestellte oder amtliche Sachverständige vorsehen. Mitarbeiter der wissenschaftlichen und kriminaltechnischen Dienste der Polizeikorps können unter gewissen Voraussetzungen als Sachverständige im Sinne von Art. 183 Abs. 2 StPO eingesetzt werden (…). Dies setzt jedoch voraus, dass sie im betreffenden Fall bei den polizeilichen Ermittlungen im Sinne von Art. 306 ff. StPO nicht eigentlich polizeiliche Funktionen wahrnehmen und sich ihre Tätigkeit auf Funktionen innerhalb dieser Spezialdienste beschränkt (…). Ein allfälliger Einsatz der sachverständigen Personen im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen muss sich konsequent auf das Erheben der für ihr Fachgebiet sowie das allenfalls nachfolgend zu erstattende Gutachten erforderlichen Spuren beschränken (…). Dies war vorliegend nicht der Fall (E. 1.5, Hervorhebungen durch mich).