Ein Fall, zwei Gerichtsschreiber, zwei Sachverhalte
Das Bundesgericht hatte in mehreren Entscheiden über Aspekte desselben Sachverhalt zu entscheiden. Die Darstellung des für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhalts fiel allerdings nicht ganz gleich aus, was wohl auch damit zu tun hat, dass die Entscheide nicht vom selben Gerichtsschreiber verfasst wurden:
BGer 6B_251/2013 vom 24.10.2013 (Beschwerde von Y. gutgeheissen):
Y. suchte am 8. Juni 2009 um ca. 18 Uhr mit einem Revolver bewaffnet das Lokal “Z. ” an der M.-Strasse in Zürich-Seebach auf. Er ging dort auf X. los und schlug mit der Waffe auf ihn ein. Während des darauf folgenden Handgemenges gab Y. zwei Schüsse ab. Der erste verfehlte das Opfer, der zweite traf es am Hals und führte zu einem oberflächlichen Durchschuss. Y. verliess darauf fluchtartig das Lokal und rannte mit der Waffe in der Hand weg. X. behändigte ebenfalls einen Revolver und setzte ihm nach. Nachdem Y. seinen Verfolger bemerkt hatte, zielte er aus einer Entfernung von ca. 10 bis 15 Metern auf diesen und drückte ein weiteres Mal ab. Ebenso schoss X. auf seinen Kontrahenten. Beide Schüsse verfehlten den Gegner.
BGer 6B_345/2013 und 6B_366/2013 vom 24.10.2013 (Beschwerden von X. abgewiesen):
Am 8. Juni 2009 erschien Y. mit einem Revolver im Lokal “Z. ” in Zürich-Seebach. Er ging auf den mit drei weiteren Personen an einem Tisch sitzenden X. los und schlug ihn mit der Waffe. Im folgenden Handgemenge zog Y. den Abzug seiner Waffe. Der Schuss verfehlte X. und drang in die Decke ein. Der zweite Schuss traf X. am Hals und blieb in der Decke stecken. X. erlitt einen oberflächlichen Halsdurchschuss. Y. verliess das Lokal und rannte davon.
Der zwischenzeitlich im Lokal zu Boden gegangene X. erhob sich, bemerkte seine blutende Halsverletzung und betrachtete sie im Spiegel. Er holte seinen Revolver hinter der Bar hervor und trat auf die Strasse. Er erblickte Y. und setzte ihm nach. Auf der Strasse herrschte Feierabendverkehr und auf den Gehsteigen und in der Bahnunterführung hielten sich diverse Passanten auf. Y. bemerkte, dass er vom bewaffneten X. verfolgt wurde, und stellte sich vor die Motorhaube des Personenwagens von A. . Er zielte aus einer Entfernung von ca. 10 bis 15 Metern auf seinen Verfolger und drückte ein weiteres Mal ab. Ebenso schoss X. gezielt auf seinen Kontrahenten. Beide Schüsse verfehlten den Gegner. Nach dem Schusswechsel rannte Y. davon. X. hob seine Waffe auf, welche er nach der Schussabgabe hatte fallen lassen, und ging zurück zu seinem Lokal. Davor versteckte er die Waffe in einem Strauch.
Die von X. ausgehende Bedrohung war aktuell und konkret und der Angriff damit unmittelbar, noch bevor X. schoss. Unzweifelhaft waren bereits vor der Schussabgabe durch X. konkrete Anzeichen einer Gefahr gegeben, die aus Sicht des Beschwerdeführers eine Verteidigung nahelegten. Dem Bedrohten ist stets zuzugestehen, dass er mit der Verteidigung beginnen darf, sobald mit einem Angriff ernstlich zu rechnen ist und jedes weitere Zuwarten die Verteidigungschance gefährdet ( HANS DUBS, Notwehr, ZStrR 89/1973 S. 343; vgl. BGE 122 IV 1 E. 3a und b S. 5 f.; Urteil 6S.384/2004 vom 7. Februar 2005 E. 3.1; je mit Hinweisen). Der Frage, wer auf der M.-Strasse als erster schoss, kommt mit der Vorinstanz an dieser Stelle keine zentrale Bedeutung zu. So oder anders ist aus Sicht des Beschwerdeführers eine Notwehrsituation zu bejahen (E: 1.3.1).
Der Beschwerdeführer, der von einem Notwehrexzess ausgeht und einzig eine entschuldbare Notwehr im Sinne von Art. 16 StGB geltend macht, ficht lediglich das Strafmass an. Daran ist das Bundesgericht gebunden (Art. 107 Abs. 1 BGG). Der Schuldspruch (Urteilsdispositiv-Ziffer 1) blieb unangefochten und ist nicht Prozessgegenstand. Die Vorinstanz wird der Notwehrsituation auf der M.-Strasse im Rahmen der Strafzumessung Rechnung tragen müssen (E. 1.3.2).